Es folgt der erste Umlauf um den Mond auf einer elliptischen Bahn und in verschiedenen Manövern richtet die Besatzung die Kapsel so aus, dass die Kameras und Fenster auf die Mondoberfläche gerichtet sind. Einige Stunden später übermittelt Apollo 8 erste Bilder zur Erde. Die Mondoberfläche, die langsam unter dem Raumschiff vorbeizog. Und das Bild der langsam über dem Mondhorizont aufgehenden Erde. Earthrise. „Oh mein Gott! Seht euch dieses Bild da an! Hier geht die Erde auf. Wow, ist das schön!“ funkt Frank Borman. Erst nach einigem Hin- und Her mit Borman und Lovell schießt Crew-Mitglied Bill Anders schließlich das historische Foto, das in seinem Aufnahmeprogramm gar nicht enthalten war. Dazu heisst es heute, dieses Bild habe die Sicht von uns Menschen auf die Erde verändert. Ich hatte als Jugendlicher 1969 ein Plakat mit diesem Foto in meinem Zimmer aufgehängt. Daneben Jimi Hendrix mit Hut und Gitarre und Bob Dylan. Ohne viel nachzudenken, was das Poster denn bedeuten möge. Vor allem, weil ich Apollo bewundert habe. Sicherlich haben manche daran gedacht, wie klein und besonders unser blauer Planet in der unendlich schwarzen Weite des Weltalls ist. Denn bald darauf kam das Bild wieder. 1972, als Titelbild auf dem Bericht des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums.
Die Filmaufnahmen
Die Bilder aus dem Jahr 1968 stammen aus einem NASA-Film, zeigen also die Wahrnehmung der damaligen Regisseure. Die O-Töne der Astronauten wurden von NASA Tonbändern digitalisiert.
„Hier ist Apollo 8 mit einer Live-Übertragung vom Mond. Wir haben die Kamera umgeschaltet. Zuerst haben wir ihnen ein Bild der Erde gezeigt, wie wir es die letzten 16 Stunden gesehen haben. Jetzt schalten wir um, so dass wir ihnen den Mond zeigen können, über den wir in einer Höhe von 60 Meilen seit 16 Stunden fliegen. William Anders, James Lovell und ich haben den heiligen Abend hier oben damit verbracht, Experimente durchzuführen, Fotos zu machen und das Raumschiff mit den Triebwerken in Position zu halten. Wir werden jetzt weiter unseren Kurs fortsetzen wie schon den ganzen Tag und Sie mitnehmen zu einem Sonnenuntergang auf dem Mond. Der Mond bedeutet für jeden von uns etwas anderes. Ich denke, jeder von uns wird von dem, was er heute gesehen hat, seinen eigenen Eindruck mitnehmen.. Ich weiß, mein eigener Eindruck ist der einer gewaltigen, einsamen Ausdehnung von Nichts. Es sieht aus wie Wolken über Wolken von Bimsstein. Und auf jeden Fall erscheint es als Platz zum Leben oder Arbeiten nicht sehr einladend.“
Lesung aus der Schöpfungsgeschichte
An Heiligabend lesen die Astronauten Anders und Borman aus der Genesis.
„Wir nähern uns nun dem lunaren Sonnenaufgang. Und für alle Menschen unten auf der Erde hat die Besatzung der Apollo 8 eine Botschaft, die wir euch senden möchten: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe. Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser und sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war und Gott teilte das Licht von der Dunkelheit.“
„Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. Und Gott sprach: Es werde ein Gewölbe zwischen den Wassern, das da scheide zwischen den Wassern. Da machte Gott das Gewölbe und schied das Wasser unter dem Gewölbe von dem Wasser über dem Gewölbe. Und es geschah so. Und Gott nannte das Gewölbe Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag.“
„Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Stellen. Lass trockenes Land erscheinen. Und so geschah es. Und Gott nannte das trockene Land Erde und die Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Und von der Besatzung der Apollo 8: wir schließen mit einem Gute Nacht, Viel Glück, Fröhliche Weihnachten und Gott segne euch alle – euch alle auf der guten Erde.“
Ob die Weihnachtsbotschaft etwas bewirkt hat? 500 Millionen Fernsehzuschauer in allen Erdteilen haben die Live-Bilder vom Mond verfolgt. Und das Earthrise-Foto hat unsere Wahrnehmung der Erde verändert. In Amerika erwacht die Weltraumeuphorie erneut, und die 7 Monate später folgende erfolgreiche Mondlandung lässt das Vietnam Debakel für kurze Zeit vergessen. Doch die Ernüchterung kommt schon im Herbst 1969. Wir können die Probleme der Erde nur auf dieser Erde lösen. Ein Raumfahrt-Eskapismus bleibt damals wie heute Illusion.