Haight Ashbury in San Francisco 1967.

„If you’re going to San Francisco…“. Der Song von Scott McKenzie eroberte 1967 die Charts, die Geburt von Flower Power.  Auch im deutschen Radio lief er Tag und Nacht. „Be Sure to Wear Flowers in Your Hair“. Wir hörten ihn als Jugendliche, aber San Francisco war irgendwo weit weg im Unbekannten. Haight Ashbury in San Francisco ist der Schauplatz des „Summer of Love“. Die Filmaufnahmen hat die Filmforscherin Lisa Hartjens in den National Archives in College Park gefunden.

Wenn wir im Sommer 1967 das Radio nachmittags aufdrehten, kam mit ziemlicher Sicherheit „San Francisco“ von Scott McKenzie. Der Hit war vielleicht die wichtigste Propaganda für die Flower Power Bewegung, die unsere Generation der in den 1950er Jahren Geborenen geprägt hat. Über die Hintergründe wussten wir damals wenig. Mit 12 oder 14 Jahren war man noch fest im Kontext von Elternhaus und Schule eingebunden. Die Musik im Radio war der Schlüssel zur großen Welt ausserhalb der eigenen Erfahrungen.

Als ich vor einigen Jahren mit Elisabeth Hartjens im Filmarchiv der National Archives gestöbert habe, kam sie mit einer Kopie von unveröffentlichten Filmaufnahmen aus San Francisco aus dem gleichen Jahr 1967. Ich habe das Material zu diesem kurzen Film zusammengeschnitten. Unterlegt habe ich die Musik von Greatful Dead, der legendären Band aus San Francisco. Die Bandmitglieder wohnten im Viertel, das der Film zeigt.

Idaho Times 1969-04-14 Hippies

Bo Maverick in Haight Ashbury

Der „Local Hero“ des Summer of Love in San Francisco, der bärtige alte Mann „Bo Maverick“, taucht im Film und in verschiedenen Fotos und Artikeln aus der Zeit auf. Der richtige Name des Freigeists war Edward Bray, er spielte seine Rolle als „King of the Hippies“. „Haight Ashbury Maverick“ hieß eine Untergrundzeitschrift der Szene aus dem Viertel. In einem Pressefoto ist zu sehen, wie der alte Mann ein Exemplar einer Untergrund Zeitschrift an Vize-Präsident Humphrey, Kandidat der Demokraten im Wahlkampf 1968 überreicht. Im Frühjahr 1969 taucht der Maverick als selbsternannter Hippie-Führer in einem Artikel der Idaho Times auf. Für den 19. April 1969 habe ein Bo Maverick ein Erdbeben vorhergesagt. Im September 1969 ist der alte Mann laut San Francisco Chronicle an einem Herzanfall gestorben.

Typen und Themen

Das Filmmaterial dokumentiert typische Momente der Popkultur Ende der 1960er, die die Zeitenwende in der westlichen Welt illustrieren, die wir heute mit ’68er Generation‘ betiteln. Die phantasievollen Klamotten der Flaneure, ihre Schuhe, die Haar- und Bartracht der Männer, das entspannte Herumhängen. Der Postershop mit den Harleys und den psychodelischen Ornamenten. Der selbstorganisierte medizinische Dienst, der für die Folgen des Drogenkonsums eingerichtet wurde. Im Kino wird Andy Warhols Film „I, a man“ angekündigt. Der Film ist ein zentrales Dokument der sexuellen Revolution. Auch die Untergrundzeitschrift „Haight Ashbury Maverick“ verbreitete das neue Lebensgefühl sexueller Freizügigkeit. Ihre Artikel zirkulierten auf dem Campus der Universitäten in der ganzen Welt.

Stellenwert

Die Bilder des Films illustrieren einen tiefgreifenden kulturellen Wendepunkt. Mehr als die linksradikale politische Bewegung, die sich in den USA vor allem am Vietnamkrieg entzündete, haben die Popkultur und die Hippiebewegung die Gesellschaften der westlichen Welt revolutioniert. Dieser subtile Wandlungsprozess nahm von Haight Asbury seinen Ausgang und hat in den 1990er Jahren offenbar seinen Höhepunkt erreicht. Die autoritäre Härte der Kriegsgeneration wurde von einer offeneren und freieren Lebensweise überwunden. Erst in den letzten Jahren melden sich autoritäre und repressive Strömungen und Denkweisen wieder spürbar zurück.

Autor: Stephan Bleek. Filmschnitt: Stephan Bleek. Filmmaterial zu beziehen über zb Media.