Valentina Tereschkowa – erste Frau im All 1963

Die erste Frau im All

Am 16. Juni 1963 informiert die Sowjetunion über den erfolgreichen Flug einer Frau ins All. Die Weltraumpionierin löst Begeisterung aus.Der Flug der russischen Weltraumpionierin löste weltweit bei vielen Frauen und Frauenorganisationen Begeisterung aus. Doch nicht alles ging glatt.

Am 16. Juni 1963 bereitet sich Valentina Tereshkova auf ihren Raumflug vor, der am gleichen Tag starten wird. Die Kosmonautin Valentina Tereschkowa war Textilarbeiterin. Und passionierte Fallschirmspringerin, weshalb sie in die enge Auswahl für einen Weltraumflug gekommen ist. Die Kosmonautin hatte sich bei einer öffentlichen Ausschreibung für die Aufgabe beworben. Der Filmausschnitt zeigt sie bei der Startvorbereitung, als sie den schweren Raumanzug angezogen bekommt.

Vor dem Start

Mit der Raumflugmission im Juni 1963 planen Sergej Koroljow, der Leiter des sowjetischen Weltraumprogramms, und sein Team etwas Besonderes. Gleich zwei Raumschiffe sollen gestartet werden und bis auf Sichtkontakt nebeneinander manövriert werden. Und ein weiterer neuer „Space First“ Erfolg soll mit dem Flug der ersten Kosmonautin gelingen. Am 14. Juni 1963 war bereits Walerij Bykowski mit Wostok 5 ins All gestartet. Der Filmausschnitt zeigt – zwei Tage später – die letzten Minuten vor dem Start von Valentina Tereschkowa. Die Kosmonautin kommt an der Startrampe der Vostok Rakete an und klettert zum Raumschiff hinauf.

Nikolai Kamanin war General der Luftwaffe und Chef der Raumfahrtkommission, die für die bemannten Weltraumflüge der Sowjetunion verantwortlich war. Sein Tagebuch ist eine einzigartige Quelle, die über dien Verlauf des Fluges Auskunft gibt.

Valentina Tereschkowa vor ihrem Flug

Aus dem Tagebuch des Generals der sowjetischen Luftwaffe Nikolai Kamanin

4. Juni:

Zunächst berichtete Sergei Koroljow über die Startbereitschaft der Trägerraketen und der Raumschiffe. Dann hielt ich die folgende Rede. „Genosse Vorsitzender! Genossen Mitglieder der Staatskommission! (…) Im Namen des Luftwaffenkommandos schlage ich vor, zu ernennen: Kommandant des Schiffes „Wostok-5“ – Major Bykovsky, seinen Stellvertreter – Major Volynov, Kommandant des Schiffes „Wostok-6″ – Unterleutnantin Tereshkova, ihre Stellvertreter – Solovyova und Ponomareva.“
Die Kommission hat meinen Vorschlag einstimmig angenommen. Dann sprachen Bykowsky und Tereschkowa. (…) In wenigen Tagen werden ihre Namen auf der ganzen Welt bekannt werden und in die Geschichte der Weltraumforschung eingehen. Bykowskij und Tereschkowa sind, vor allem die letzte, dieses großen Ruhmes würdig.“ (…)

16. Juni:

„Tag des ersten Starts einer Frau in den Weltraum. Es ist 4:00 Uhr morgens, es ist Morgendämmerung, ein Vogelkonzert beginnt vor dem offenen Fenster. Vor einer Stunde rief Sergei Koroljow an, er fragte nach den Flugdaten und fragte mich dann, wann ich Schichtwechsel habe und ob ich am Start arbeiten kann. Ich beruhigte ihn, indem ich sagte, dass ich spätestens um 11:00 Uhr bei der Rakete sein würde…

Nach Kerimovs Schicht im Kontrollraum ging ich nachsehen, wie die Anzüge an Tereschkowa und Solovyova angelegt wurden. Beide verhielten sich ausgezeichnet, es gab keine Bemerkungen über die medizinische Untersuchung und die Anzüge. Gagarin, Titow, Nikolajew, Koroljow, Tjulin, Rudenko und andere verabschiedeten sich herzlich von Tereschkowa und wünschten ihr eine gute Reise. Genau um 12:15 Uhr brachte der Bus Tereschkowa zum Start. Sie gab einen kurzen und klaren Bericht: „Genosse Vorsitzender der Staatskommission, Kosmonautin Tereschkowa ist flugbereit“. Sie erhielt Blumen, die sie sofort Koroljow weiterreichte. Die Treppe zum Aufzug kletterte Valja ziemlich angestrengt hinauf und als sie in das Raumschiff stieg betrug ihr Puls 140 Schläge pro Minute. Start.

Nach 10-15 Minuten baute sie eine Funkverbindung zur Kontrolle auf und berichtete über den Fortschritt der Ausrüstungsinspektion. Zu Beginn standen Gagarin, Nikolajew, Koroljow und ich mit ihr in Verbindung. (…) Wie am 12. April 1961 war der Flug gut vorbereitet und startete perfekt am 16. Juni 1963. Alle diejenigen, die Tereschkowa während der Vorbereitung des Starts und beim Aufsteigen des Raumschiffs in den Orbit sahen und ihren Berichten im Radio zuhörten, erklärten einstimmig: „Sie hat den Start besser geleitet als Popowitsch und Nikolajew“. Ja, ich bin sehr froh, dass ich mich bei der Wahl der ersten weiblichen Kosmonautin nicht geirrt habe.

Jetzt sprechen und schreiben Radio und Zeitungen auf der ganzen Welt über Tereschkowa Die Welt sollte wieder einmal unserem Volk, unserer sowjetischen Frau, Tribut zollen. Tereschkowa hat eine Funkverbindung mit Bykowskij hergestellt, sie hatte ein Telefonat mit Chruschtschow und berichtete sehr intelligent über den Flug. Wir haben noch einen sehr langen Weg vor uns, um das Bykowskij- und Tereschkowa-Flugprogramm erfolgreich abzuschließen und sie sicher zu landen. Es wird noch viel zu befürchten geben, aber unabhängig von den Ergebnissen der Landung sind der Start und der Flug bereits der Beginn eines großen Erfolgs.“

Valentina Tereschkowa bei Gymnastik vor ihrem Raumflug
Valentina Tereschkowa
Valentina Tereschkowa im Vostok 6 Raumschiff
17. Juni:

„Tereschkowa hatte zwei Kommunikationssitzungen. Ihr Gesundheitszustand ist ausgezeichnet, die Parameter der Kabine sind normal, sie beabsichtigt, das Flugprogramm in vollem Umfang durchzuführen. Korrespondent Peskow informierte Tereschkowa, dass er gerade mit ihrer Mutter telefoniert habe, die Mutter sei stolz auf ihre Tochter und warte darauf, sie auf der Erde zu treffen. Valentina sagte: „In Gedanken küsse ich meine Mutter, die mir am meisten am Herzen liegt. Ich richte meine Grüße an alle Leser der „Komsomolskaja Prawda“.

18. Juni

„Ich sprach mehrere Male mit Tereschkowa. Es scheint, dass sie müde ist, will es aber nicht zugeben. In der letzten Kommunikationssitzung antwortete sie nicht auf die Anrufe des Leningrader IP. Wir schalteten die Fernsehkamera ein und sahen, dass sie schlief. Wir mussten sie aufwecken und mit ihr über die bevorstehende Landung und die manuelle Orientierung sprechen. Sie versuchte zweimal, das Schiff zu orientieren, und gab ehrlich zu, dass sie sich nicht gut orientieren konnte. Diese Tatsache beunruhigt uns alle sehr: Wenn wir manuell landen müssen und sie das Schiff nicht ausrichten kann, wird es die Umlaufbahn nicht verlassen. Zu unseren Zweifeln sagte sie: „Keine Sorge, ich werde es morgen früh hinbekommen. Ihre Kommunikation ist ausgezeichnet, sie ist klug, und sie hat bisher noch keinen einzigen Fehler gemacht. Sie wird über Nacht ruhen, und die automatische Landung sollte gut verlaufen. Wir wiesen Gagarin, Titow, Nikolajew und Raushenbach an, sie darin zu schulen, in der 45. Erdumkreisung das Schiff in der Landeoption (rückwärts) auszurichten. Die Jungs bereiteten einen Verhaltensplan mit ihr vor, einigten sich mit Spezialisten auf alle Empfehlungen und werden versuchen, ihr zu helfen.“

Fernsehfunkbild Valentina Tereschkova im Raumschiff
Valentina Tereschkowa nach der Landung
19. Juni

„Um 9 Uhr 39 Minuten 40 Sekunden erhielt die Besatzung den Befehl, den automatischen Landezyklus des Schiffes „Wostok-6“ zu aktivieren. Nach einigen Sekunden erfuhren wir, dass der Befehl ausgeführt wurde. Von diesem Moment an stieg die nervliche Anspannung aller Anwesenden im Kontrollraum dramatisch an. Die Tereschkowa berichtete nicht über das Einschalten der Sonnenausrichtung, es gab keine Informationen über die Arbeit der TDU und die Trennung der Raumschiffsmodule. Dies waren die alarmierendsten Minuten: Wir hatten keine Daten über den Zustand von Wostok-6. Es stimmt, vom Raumschiff wurden wir über den Durchgang aller Steuerungskommandos an Bord des Schiffes automatisch informiert, aber wir erfuhren erst mit erheblicher Verzögerung davon, und darüber hinaus waren wir sehr gespannt auf die Berichte Tereshkova, und sie schwieg. Wenige Minuten nach der geschätzten Öffnungszeit entdeckten die Hauptfallschirmpeiler das Schiff und gaben die ersten Koordinaten seiner Landung an: „Wostok-6“ befand sich genau in der Umlaufbahn der 49. Umkreisung, aber mit einer signifikanten Flugabweichung. 8…) Beide Schiffe sind zwei Grad nördlich des errechneten Punktes gelandet. Die Bahnberechner erklären diesen Fehler mit einem doppelten Befehl zum Abstieg, aber ich finde diese Erklärung völlig unbefriedigend. Es gab viele Ausfälle und Fehler in den Kommunikations- und Suchdiensten. Wir erhielten erst einige Stunden nach der Landung Berichte über das Wohlergehen der Astronauten. Tereschkowas Landungsort wurde von der Bodenkommunikation gemeldet, und Bykowskys wurde vom Kommandeur des Fliegerregiments gemeldet, der über den Landeplatz flog und das Raumschiff, die Menschenmenge, Autos und den Astronauten sah.

Nachdem wir zuverlässige Daten über das Wohlergehen der Astronauten erhalten hatten, berichtete Koroljow telefonisch über ihre sichere Landung an Chruschtschow, Breschnew, Ustinow und Smirnow.“

20. Juni. Kuibyschew.

„Um 11.30 Uhr landeten alle Flugzeuge auf dem Werksflugplatz. Bykowsky und Tereschkowa berichteten Tjulin über den Abschluss des Fluges. Die Führer der Region wollten Bykowskij und Tereschkowa der Menge zeigen. Gemeinsam mit den Astronauten gingen sie die Absperrung entlang, hinter der die Menschen standen. Dieser Versuch war erfolglos. Die Menschen eilten zu den Astronauten, es gab ein schreckliches Gedränge, in dem sich viele sehr verstrickt haben. Auch auf den Straßen der Stadt waren Menschenmassen unterwegs, die alle die Helden des Weltraums sehen wollten. Viele sagten mit großem Unmut: „Warum versteckt ihr sie vor dem Volk?“

Start von Vostok 6
Kontrollzentrum Vostok Raumflug
Fernsehfunkbild Valentina Tereschkova im Raumschiff
Bildschirm im Kontrollzentrum Vostok Raumflug
20. Juni. Kuibyschew.

Bericht von Valentina Tereshkova – wiedergegeben von Kamanin (mit Kürzungen – Hrsg.).

„Der Start von „Wostok-6“ verlief großartig. Die Kommunikation war gut, habe alle Teams gehört. Die Überbelastung (der Schwere) war schwach, unter fünf. Durch den „Gaffer“ und das Seitenfenster sah ich die Erde. Aus dem rechten Fenster sah man die dritte Stufe. Es gab keine unangenehmen Empfindungen beim Übergang in die Schwerelosigkeit. Ich habe an dem Programm gearbeitet. Die Verbindung zu „Falke“ (=Bykowski in Vostok 5) wurde im Schatten der Erde hergestellt. Ich sah einen Stern, der dreimal heller war als Vega, den ich als „Vostok 5″ bezeichnete. Ich hörte ein Klatschen wie einen Schlag in eine leere Dose, als ich die Orientierungsfunktion einschaltete. Die erste Ausrichtung hat nicht funktioniert. Ich wurde gewarnt, dass in der 38. Runde die „20.“ (Rufzeichen S.P. Koroljow – Hrsg.) mit mir über manuelle Ausrichtung sprechen würde. Bei der 45. Umrundung richtete ich das Schiff in 20 Minuten auf die Landung aus. Ich denke, das Orientierungssystem hat nicht versagt. Die Arbeit mit den Geräten ist schwierig: Ich habe den Globus und andere Geräte nicht erreicht. Ich musste mich teilweise aus dem Federungssystem aushängen.

Ich habe Städte, Wolken und den Mond gefilmt. Es war sehr schwierig zu filmen und zu dokumentieren, was ich aufgenommen habe. Ich habe keine biologischen Experimente durchgeführt – ich konnte die Objekte nicht erreichen. Die Dosimeter waren auf Null. Die Tücher sind nicht hygienisch und sie sind sehr klein. Man muss etwas zum Zähneputzen haben. Ich habe Beobachtungen mit Lichtfiltern gemacht. Da ist ein leuchtendes Band am Horizont. Es gab Gewitter über Südamerika. Nachts sind die Städte leicht zu erkennen. Der Mondschein auf der Erde und in den Wolken ist sehr schön. Konstellationen sind schwer zu erkennen. Die Sonnenkorona wurde nicht beobachtet.

In den ersten 24 Stunden konnte ich den Raumanzug nicht spüren. Am zweiten Tag hatte ich schmerzende Schmerzen am rechten Schienbein, und am dritten Tag war es schon beunruhigend. Der Helm bewegte sich und drückte auf meine Schulter. Der Helm drückte auf das linke Ohr. Gürtelsensoren haben mich nicht gestört. Ich hatte Juckreiz und Schmerzen unter dem Sensor an meinem Kopf. Die Klimaanlage funktionierte die ganze Zeit einwandfrei. Beim Start betrug die Temperatur im Cockpit 30 Grad, am Ende des ersten Flugtages – 23 Grad, und zu Beginn des zweiten Tages fiel sie auf 12 Grad und blieb dann auf diesem Niveau.

Die Funkverbindung funktionierte gut. Es gab Interferenzen, als das UKW eingeschaltet wurde. Die beste Kommunikation fand in der zweiten Hälfte der Kommunikationszone statt. Am Äquator gab es eine Menge Interferenzen. Die Stationen „Frühling 1“ und „Frühling 4“ sind im äußersten Süden gut zu hören. Am ersten Tag des Fluges war die Kommunikation mit „Falke“ ausgezeichnet, in der ersten Hälfte des zweiten Tages – zufriedenstellend, und dann gab es keine Kommunikation mit ihm, aber ich hörte Übertragungen von der Erde. Es war sehr gut zu wissen, dass die „Falke“ in der Nähe flog. Am zweiten Tag hatte ich einmal eine Verbindung mit „Spring-12“ (dem Funkverbindungsschiff). Die Kabinenbeleuchtung ist gut. Als ich die Korrekturbefehle ausgab, waren die Zahlen durcheinander.

Die Schwerelosigkeit verursachte keine unangenehmen Gefühle. Die Hände schwimmen, und Sie wollen sie unter dem Aufhängungssystem verstecken. Während des körperlichen Trainings wollte ich mich auf meinem Sessel ausruhen. Das Brot ist sehr trocken, ich habe es nicht gegessen, ich wollte Schwarzbrot, Kartoffeln und Zwiebeln. Das Wasser ist kalt und angenehm. Ich mochte die Säfte und Koteletts. Ich habe mich einmal übergeben, aber das lag am Essen, nicht an der Schwindelerkrankung. Es ist einfacher, das ACS (Anti-Konzidenz-System ACS für Spektrometer Instrumente) im Weltraum einzusetzen als auf der Erde. Die psychologischen Muster unterschieden sich nicht von denen auf der Erde. Ich nahm zwei Messungen mit dem Photometer vor. Beide Stifte zerbrachen, es gibt also keine Aufzeichnungen.

Ich traf alle Vorbereitungen für den Abstieg und meldete mich als bereit. Selbst im Erdschatten schaltete sich die Sonnenausrichtung ein. Ich konnte das TDU Triebwerk nicht hören. Ich habe wegen der Anweisungen telegrafiert. Mein Rücken flog zur Erde. Die Bereiche der Kapsel wurden durch einen Ruck getrennt. Zuerst blieb das Raumschiff ruhig, dann gab es Ausschläge. Es gab nicht mehr als acht Überlastungen. Als das Schiff in der Lufthülle der Erde war, flog das gefrorene Material am Bullauge vorbei. Es gab viel Rauch und Poltern im Cockpit, nachdem es losgelöst wurde. Der Schleudersitz kommt sehr leicht aus dem Raumschiff heraus und trennt sich schnell. Nachdem ich den Fallschirm geöffnet hatte, sah ich das Raumschiff unter mir. Das Raumschiff, der Schleudersitz und ich landeten in der Nähe. Es ist notwendig, die Fallschirmspitze zu kontrollieren, weil ich auf dem Rücken gelandet bin. Menschen kamen angerannt und fingen an, mir zu helfen. 400 Meter von mir entfernt lag das Raumschiff. Eine Stunde später kam ein Flugzeug an und zwei Fallschirmspringer sprangen ab. Drei Stunden später berichtete ich Chruschtschow telefonisch über den erfolgreichen Abschluss des Fluges.“

21. Juni. Kuibyschew.

(…) Valya und Valery haben sich gut ausgeruht, aber Tereshkovas Gesichtsausdruck ist immer noch nicht frisch genug – anscheinend hinterlassen alle Erfahrungen der vergangenen Woche sowohl im Weltraum als auch auf der Erde noch immer ihre Spuren. Der Bluterguss an Valya’s Nase ist noch gut sichtbar, aber sie klagt nicht mehr über Schmerzen.

Von 15.00 bis 16.00 Uhr hielt ich im Namen des Vorsitzenden der Staatskommission die erste Pressekonferenz von Bykowsky und Tereschkowa ab, an der mehr als 60 Korrespondenten teilnahmen. Wir haben die Antworten auf die Fragen im Vorfeld mit Valya und Valery durchdacht. Valya hielt sich gut, und Valery war merklich besorgt. Sie wiesen keine groben Fehler auf, aber die einmalige Komplexität und Unvollständigkeit der Antworten war auffällig. Die Korrespondenten interessierten sich jedoch nicht so sehr für den Inhalt der Antworten, sondern vielmehr für die Tatsache, mit den Astronauten zu sprechen. Ich bin sicher, dass Tereshkova in 2-3 Monaten auf jeder internationalen Pressekonferenz hervorragend sein wird.

Valentina Tereschkowa und Waleri Bykowski
Breschnew zeichnet Valentina Tereschkowa in Moskau aus
22. Juni. Moskau

Aufwachen um 5:00 Uhr morgens. Valery und Valya schlafen noch tief und fest. Heute werden sie einen harten Tag haben: um 7.00 Uhr – Aufstieg, um 9.30 Uhr – Treffen mit den Führern der Region, um 10.30 Uhr – Abflug zum Flugplatz, um 15.00 Uhr – Treffen in Wnukowo und Bericht Chruschtschow, um 16.00 Uhr – Kundgebung auf dem Roten Platz, um 18.00 Uhr – Empfang im Kreml, Preisverleihung, Glückwünsche usw.

Tereschkowa und Gagarin in New York
26.Juni

„Im Text von (Weltraummediziner) Dr. Vladimir Yazdovskys Rede lehnten alle einstimmig die Behauptungen über Tereschkowa’s schlechte Gesundheit im Weltraum, ihre großen emotionalen Gefühle, ihre Müdigkeit und ihre stark verminderte Arbeitsfähigkeit ab. Schon vor der Diskussion warnte ich Yazdovsky vor seiner beträchtlichen Übertreibung der Schwierigkeiten, die Tereschkowa im Weltraum erlebt hatte. Yazdovsky versuchte, seine Meinung zu verteidigen. Ich musste das Wort ergreifen und ihn daran erinnern, dass Tereschkowa einen Auftrag für einen Flugtag hatte; niemand hätte die Fortsetzung des Fluges für den zweiten und dritten Tag ohne ihre Zustimmung unterstützt. Es besteht kein Zweifel, dass Tereschkowa eine gewisse Müdigkeit verspürte, besonders am Ende des ersten und zweiten Tages des Fluges war ihr ein wenig übel, aber sie fand die Kraft, den Flug fortzusetzen und tat das Maximum von dem, was geplant war.“

Presseschlagzeile zu Raumflug von Valentina Tereschkowa
Kosmosbegeisterung bei Vostok Raumflug von Valentina Tereschkowa

Die von Kamanin berichteten Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem Arzt Dr. Yazdovsky sind bis heute Gegenstand von Spekulationen. Offenbar hat Yazdovskys Interpretation der gesundheitlichen Probleme von Valentina Tereschkowa dazu geführt, dass die russischen Weltraummediziner zur Meinung gelangten, Frauen seien für Weltraumflüge weniger tauglich als Männer.

Probleme, wie die für Frauen schwer oder gar nicht erreichbaren Instrumente, von denen Valentina Tereschkowa berichtet, liegen an der Konstruktion der Innenmaße des Raumschiffs, nicht an ihr als Frau. Einfacher als Konstuktionsfehler zuzugeben ist es natürlich, die Kosmonautin als Bauernopfer zu benutzen. Dies zog Koroljow in der Auseinandersetzung vor. Er ließ nicht nur Tereschkowa fallen, sondern überließ die Leitung von weiteren Wostok-Missionen anderen Mitarbeitern, um sich ganz auf das „Sojus“-Programm und das „Luna“-Mondmissionsprogramm zu konzentrieren.

Die Bedeutung des ersten Fluges einer Frau ins Weltall ist weniger im konkreten wissenschaftlichen Ertrag zu bewerten, als in der gesellschaftlichen Folgewirkung. Die Tereschkowa wurde in der ganzen Welt herumgereicht als Botschafterin des Fortschritts und der Frauenemanzipation. Die sowjetische Vorzeigefrau hat Millionen Frauen in zahlreichen Ländern besonders der Dritten Welt inspiriert, den Weg von Bildung, Ertüchtigung und Selbstbestimmung zu versuchen.

Das sowjetische Raumfahrtprogramm, das in der Anfangsphase von Glück und Können gesegnet war geriet bald nach dem Triumph von Tereschkowa in eine immer tiefere Krise. Hierzu haben wir in unserem Dokumentarfilm „Geheimnisse der Sowjet-Technik“, den wir für das ZDF produziert haben, einige Beispiele gezeigt.

Waleri Bykowski starb 2019 im Alter von 85 Jahren. Valentina Tereschkowa lebt heute in der „Sternenstadt“ in der Nähe von Moskau. Als Duma Abgeordnete ist sie auch im hohen Alter noch politisch aktiv.

Valentina Tereschkowa – erste Frau im All 19632020-10-12T20:00:03+02:00

Houston wir haben ein Problem

Houston wir haben ein Problem

Ein Drama, das die Welt erschüttert hat. Die Geschichte von Apollo 13 ist die Geschichte einer fast schon belanglosen Routinemission, die plötzlich in einem schier aussichtslosen Kampf um das Leben von drei Astronauten mündet. Mit dem Funkspruch „Houston, wir haben ein Problem“ begann eine Rettungsaktion, bei der die Menschen über sich herauswuchsen

Ein Routineflug zum Mond

Am 11. April 1970 startete die NASA die dritte Mission zum Mond. Die Startplattform für Apollo 13 war die Plattform Nummer 13. Nachdem gerade einmal 9 Monate zuvor über eine Million Menschen den ersten Start zum Mond von Apollo 11 in Cape Kennedy live miterlebt hatten, waren die 80.000 Weltraumenthusiasten bei diesem Start eine überschaubare Größe. Unter den Ehrengästen immerhin der deutsche Kanzler Willy Brandt, aber für die NASA und ihr Publikum war das größte Abenteuer der Menschheit anscheinend bereits zu einer belanglosen Routineveranstaltung geworden. Alles das soll sich schlagartig ändern – wenige Stunden später, am 13. April.

Apollo 13 wird zum Drama

„Okay, we’ve had a problem“ funkt mit kaum zu übertreffender Coolness der Pilot des Kommandomoduls „Odyssey“ Jack Swigert zur Bodenstation. Kommandant James Lovell bestätigt gleich darauf mit dem legendären Satz: „Houston, we’ve had a problem.“ – „Houston, wir haben ein Problem.“

Die Astronauten Jim Lovell, Fred Haise und Jack Swigert sind bereits über 300.000 Kilometer von der Erde entfernt, als eine Explosion einen der Sauerstofftanks des Apollo Raumschiffs zerreißt. Kein „Problem“, sondern eine heraufziehende oder eher bereits eingetretene Katastrophe. Das Raumschiff rast von der Erde weg, auf einer Flugbahn, die es in eine sichere Umlaufbahn um den Mond bringt. Einmal in der Umlaufbahn wäre das Raumschiff zum Grab für die 3 Männer geworden. Man stelle sich einmal ein Memento für die Ewigkeit vor. Die havarierte Apollo 13 „Odyssey“ umkreist als stählernes Grab von drei Menschen auf immer und ewig unseren Erdtrabanten.

In unserem Film „Das größte Abenteuer der Menschheit“ schildert Ulrich Walter die Situation.

Filmausschnitt: „Das größte Abenteuer der Menschheit“

Das Problem – eine Katastrophe

Das „Problem“ ist in Wirklichkeit eine Katastrophe

Im Moment höchster Gefahr zeigt sich in Houston die großartige Fähigkeit eines Teams von Menschen, das nicht aufgeben darf und will. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen – unter ihnen an erster Stelle Katherine Johnson und Margaret Hamilton – berechnen in wenigen Stunden die Möglichkeit zur Änderung der Flugbahn mit den noch vorhandenen Ressourcen der beiden Raumkapseln. Die Situation erschien völlig ausweglos – wie Ulrich Walter berichtet.

Apollo 13 am Ende?

Filmausschnitt: „Das größte Abenteuer der Menschheit“

Die Treibstoffvorräte der Mondfähre müssten reichen, um das Gespann durch eine vorausberechnete Triebwerkszündung so zu beschleunigen, dass die Flugbahn nach dem Einschwenken in das Mondschwerefeld genau im richtigen Winkel zurück zur Erde führt. Dazu muss das Schiff gedreht werden und vor allem der Bordcomputer umprogrammiert werden, um die Zündung und Brenndauer exakt durchführen zu können.

Neue Flugbahn für Apollo

Filmausschnitt: „Das größte Abenteuer der Menschheit“

Eine Zündung von Hand wäre zu ungenau. Die Informatiker vom MIT und IBM arbeiten fieberhaft eine ganze Nacht an den nötigen Codes. Das neue Flugprogramm muss rechtzeitig per Funk auf den Bordcomputer aufgespielt werden, denn das Manöver konnte nicht von der Bodenstation allein ausgeführt werden, den es muss ohne Funkverbindung durchgeführt werden. Homer Ahr war einer der „Maneuver Control Programmers“ von IBM bei der Mission Apollo 13: „Wir haben gar nicht darüber nachgedacht, ob wir sie zurückbekommen, wir haben einfach alles getan, um sie zurückzubekommen“.

Die erste Zündung glückt nur 5 Stunden nach Eintritt der Katastrohe. Doch noch ist das Schiff zu langsam. Erst durch eine zweite Zündung der Triebwerke wird Apollo 13 so beschleunigt, dass die Sauerstoffreserven an Bord ausreichen.

Aquarius rettet die Crew

Filmausschnitt: „Das größte Abenteuer der Menschheit“

Währenddessen muss das Leben der Astronauten im Raumschiff gerettet werden. Die Systeme der Odyssey werden heruntergefahren, die 3 Männer zwängen sich in die 2 Mann Kapsel der Landefähre Aquarius. Hier wird bald ein weiteres Problem auftreten. Die Mondfähre hat nicht genügend Lithium Hydroxid Luftfilter, die das giftige CO2 aus der Atemluft von drei Menschen absorbieren. Die ausreichend vorhandenen Lithium Hydroxid Kartuschen des Kommandomoduls Odyssey passen jedoch nicht in die Anschlüsse der Mondfähre. Im Kontrollzentrum improvisieren die Wissenschaftler einen CO2 Filter aus den Materialien, die den Astronauten in der Aquarius zur Verfügung stehen: Schläuche, eine Schachtel, eine Socke. Auch das funktioniert.

Das rettende Improvisationstalent

Filmausschnitt: „Das größte Abenteuer der Menschheit“

Der Film zeigt auch, wie die Öffentlichkeit auf der Erde auf das Drama reagiert. Wurde der Start von Apollo 13 eher als Nebensache wahrgenommen, ist das Publikum im Moment der Katastrophe wieder da. Hunderttausende bangen um das Leben der Raumfahrer, beten für den Erfolg der Rettungsaktion. Das hat mit Sensationslust, der Faszination an der Katastrophe zu tun. Die eigentlich wissenschaftlich nüchterne Weltraumfahrt lässt sich über plötzlich in Schicksale übersetzen.

Die Anteilnahme der Öffentlichkeit

Filmausschnitt: „Das größte Abenteuer der Menschheit“

Geholfen hat den Astronauten das Talent der Wissenschaftler und Ingenieure, ihr großes Wissen, ihre Fähigkeit, die Nerven zu behalten, zusammenzuarbeiten und mit improvisierten Lösungen das Rettende zu erreichen. Es ging gerade noch einmal gut. Ein Wunder? Ich glaube nicht. Die großartige Vision Präsident Kennedys, „den Mond zu erreichen, nicht weil es einfach ist, sondern weil es schwierig ist“, hat das NASA Team in einzigartiger Weise inspiriert und zusammengeführt. Kennedy appelliert an die gesamte Nation, dieses Ziel zu erreichen. Im Apollo Projekt arbeiten zeitweise bis zu 400.000 Menschen an der Verwirklichung der „Mission“ ihres Präsidenten, die als sein großes Vermächtnis nach seiner Ermordung bestehen blieb. Hier der zentrale Ausschnitt aus Kennedys Rede am 12. September 1962 in Houston.

Das Vermächtnis von Präsident Kennedy

Redeausschnitt Präsident Kennedy 12.9.1962, Houston Texas

Das größte Abenteuer der Menschheit

Das Apollo Programm war tatsächlich das „größte Abenteuer der Menschheit“ – vergleichbar vielleicht nur mit dem Aufbruch von Christoph Kolumbus 1492. Die Beinahe-Tragödie von Apollo 13 zeigt das gewaltige Risiko, dass die Raumfahrer eingegangen sind. Der letzte Filmausschnitt zeigt nochmals den ungewissen Moment der Landung der Kapsel, als die Funkverbindung mehrere Minuten unterbrochen ist.

Filmausschnitt: „Das größte Abenteuer der Menschheit“

Die Ursache des Unfalls

Die Explosion des Sauerstofftanks von Apollo 13 wurde von der NASA eingehend untersucht. Das Ergebnis der Untersuchung brachte einen Defekt eines Thermoschalters zu Tage, der vor dem Start am Boden passiert war und unbemerkt blieb. Die NASA hat dazu einen Zusammenfassung gepostet.

Die historische Rolle des Apollo Programms

Manche behaupten heute, das Apollo Programm sei Geldverschwendung gewesen. Dem würde ich widersprechen. Der Vietnam-Krieg hat auf seinem Höhepunkt die USA in einem einzigen Jahr mehr Dollars gekostet, als 10 Jahre Apollo Programm. Ganz zu schweigen von den zigtausenden Opfern des Krieges. Präsident Kennedy hat in seiner Rede in Houston das Apollo Programm als Teil eines friedlichen Wettstreits der Nationen konzipiert. Es war die Antwort auf Chruschtschows Vision einer friedlichen Raumfahrt. Beide verkörpern für mich produktive Visionen für unsere technologische und wissenschaftliche Entwicklung. Die Tatsache, dass besonders nach der Ermordung von Kennedy und der Entmachtung Chruschtschows die destruktiven Kräfte in der Außenpolitik der beiden Supermächte die Oberhand gewonnen haben, hat letztlich die Vision von Apollo im Moment ihres größten Triumphes der erfolgreichen Mondlandung von 1969 entwertet und ihrer Chancen beraubt. Das Sterben in Vietnam ging unbeeindruckt weiter. Die Rettung der Astronauten von Apollo 13 beweist jedoch, dass wir die Hoffnung nie aufgeben dürfen. Das Menetekel eines um den Mond kreisenden Raumschiffs mit drei toten Astronauten gibt es heute eben nicht.

Wir haben für das ZDF die dramatische Geschichte von Apollo 13 in unseren Film „Das größte Abenteuer der Menschheit“ erzählt. Der Film ist in der Mediathek des ZDF zu sehen und wird demnächst auf der Streaming Plattform verfügbar.

Ein historischer NASA Dokumentarfilm

Der Film „Houston, we’ve had a problem“ wurde 1970 für die NASA produziert. Er zeigt vor allem den Missions-Kontrollraum der NASA und die Arbeit der Ingenieure und Wissenschaftler an der Rettung der Raumfahrer. Das restaurierte Archivmaterial kann bei uns bezogen werden.

„Houston we’ve got a problem“ Archivfilm von 1969 – remastered

Houston wir haben ein Problem2020-03-19T12:38:44+01:00

Beethoven trifft Apollo

Apollo 8

Der Flug von Apollo 8 hat unsere Sicht auf die Erde verändert. Das Jahr 1968 ist bis heute als ein Symbol für Veränderung geblieben. Es wird verbunden mit Studentenprotesten in den USA, England, Deutschland und besonders im Mai 1968 in Frankreich. Der Mond als Ruhepol wird 1968 erstmals aus der Nähe greifbar. Das Foto der kleinen blauen Erde im unendlich schwarzen All hat unsere Wahrnehmung des eigenen Planeten revolutioniert.

In den USA entzündeten sich die Proteste der jungen Amerikaner am Vietnamkrieg. Hunderttausende wurden 1967 und 1968 nach Vietnam geschickt. Die Bürgerrechtsbewegung in den USA verbindet mit 1968 die Ermordung von Martin Luther King im Frühjahr des Jahres. Daraufhin die Black Power Demonstration von Tommie Smith und John Carlos bei der Siegerehrung der Olympiade in Mexiko im Oktober. Am 6. Juni 1968 wird Robert Kennedy in Los Angeles ermordet. Und natürlich verbinden wir mit 1968 den Prager Frühling und dessen Unterdrückung durch sowjetische Panzer. 1968 war auch das Jahr der Menschenrechte mit dem Manifest von Andrej Sacharow. Die Pille bringt die sexuelle Revolution, eine große Befreiung im Umgang miteinander. Hippies experimentieren mit Marihuana, LSD und Hypnose.

Der Mond als Ruhepol wird 1968 erstmals aus der Nähe greifbar. Beethovens Mondscheinsonate verleiht den Bildern im Film Tiefenwirkung.

Apollo 8 - Saturnrakete

Ein Jahr der Spaltung

Ein Riß durchläuft in den Gesellschaften der westlichen Welt. Ein Riß zwischen Jung und Alt. Ein Riß zwischen Aufbruch und Beharrung. Ein Riß zwischen Freiheit und Macht. Zwischen Befreiung und Konvention. Zwischen Pop und Konsum. Zwischen Autorität und Revolte. Die Spannungen werden vertieft durch extreme Ideologien. Einem Drang zu Provokation und Polarisierung. Einer Erfahrung von Ohnmacht und Terror. Aber 1968 kamen noch andere Themen auf. Unterentwicklung und Hunger in der Welt, wie in Biafra. Die Verschmutzung der Flüsse und der Luft.

Es war ein Jahr der Spaltung und der Kämpfe, besonders in den USA, wo der Vietnamkrieg sich in eine wahnwitzige Eskalation steigert. Denn über 500.000 GIs werden in den Dschungelkrieg geschickt. Der Sinn für diesen Kampf mit einem enormen Blutzoll ist längst verloren gegangen.

Das Apollo Mondprogramm war das Vermächtnis von Präsident John F. Kennedy, der 1963 ermordet worden war. Es war ein Programm, das für das Prestige Amerikas außerordentliche Bedeutung hatte. Die Sowjetunion war den Amerikanern im Weltraum voraus. Präsentierte sich der Welt als eine erfolgreiche High-Tech Nation, um ihr sozialistisches Entwicklungsmodell vor allem für die Staaten der Dritten Welt attraktiv zu machen. Amerika wollte aufholen, das Apollo Programm muss ein Erfolg werden.

1968 amtiert Lyndon B. Johnson, der als Vizepräsident Kennedys nach dessen Ermordung Präsident geworden war. Im Herbst 1968 stehen Präsidentschaftswahlen an. Für die Demokraten bewirbt sich der Bruder von John F. Kennedy. Doch auch Robert Kennedy wird ermordet. Amerika ist politisch zerrissen.

Der Flug zum Mond

In dieser Situation startet kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember 1968 das Raumschiff Apollo 8 zum Mond. Und an Weihnachten ist es dort. Am 24. Dezember 1968 um 09:49:02 Uhr UTC (Bordzeit: 68 Stunden, 58 Minuten, zwei Sekunden) verschwindet Apollo 8 hinter dem Mond und der Funkkontakt bricht ab. 9 Minuten danach müssen automatisch die Triebwerke gezündet werden, um das Raumschiff abzubremsen in eine Umlaufbahn um den Mond. Klappt das nicht, ist die Kapsel unwiederbringlich im Weltraum verloren und die Astronauten sind dem Tod geweiht. Bange Minuten in Houston. Erst 34 Minuten nach Abbruch des Funkkontakts taucht Apollo wieder auf. Und alles hat funktioniert.

Apollo 8 live TV vom Mond

Es folgt der erste Umlauf um den Mond auf einer elliptischen Bahn und in verschiedenen Manövern richtet die Besatzung die Kapsel so aus, dass die Kameras und Fenster auf die Mondoberfläche gerichtet sind. Einige Stunden später übermittelt Apollo 8 erste Bilder zur Erde. Die Mondoberfläche, die langsam unter dem Raumschiff vorbeizog. Und das Bild der langsam über dem Mondhorizont aufgehenden Erde. Earthrise. „Oh mein Gott! Seht euch dieses Bild da an! Hier geht die Erde auf. Wow, ist das schön!“ funkt Frank Borman. Erst nach einigem Hin- und Her mit Borman und Lovell schießt Crew-Mitglied Bill Anders schließlich das historische Foto, das in seinem Aufnahmeprogramm gar nicht enthalten war. Dazu heisst es heute, dieses Bild habe die Sicht von uns Menschen auf die Erde verändert. Ich hatte als Jugendlicher 1969 ein Plakat mit diesem Foto in meinem Zimmer aufgehängt. Daneben Jimi Hendrix mit Hut und Gitarre und Bob Dylan. Ohne viel nachzudenken, was das Poster denn bedeuten möge. Vor allem, weil ich Apollo bewundert habe. Sicherlich haben manche daran gedacht, wie klein und besonders unser blauer Planet in der unendlich schwarzen Weite des Weltalls ist. Denn bald darauf kam das Bild wieder. 1972, als Titelbild auf dem Bericht des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums.

Die Filmaufnahmen

Die Bilder aus dem Jahr 1968 stammen aus einem NASA-Film, zeigen also die Wahrnehmung der damaligen Regisseure. Die O-Töne der Astronauten wurden von NASA Tonbändern digitalisiert.

„Hier ist Apollo 8 mit einer Live-Übertragung vom Mond. Wir haben die Kamera umgeschaltet. Zuerst haben wir ihnen ein Bild der Erde gezeigt, wie wir es die letzten 16 Stunden gesehen haben. Jetzt schalten wir um, so dass wir ihnen den Mond zeigen können, über den wir in einer Höhe von 60 Meilen seit 16 Stunden fliegen. William Anders, James Lovell und ich haben den heiligen Abend hier oben damit verbracht, Experimente durchzuführen, Fotos zu machen und das Raumschiff mit den Triebwerken in Position zu halten. Wir werden jetzt weiter unseren Kurs fortsetzen wie schon den ganzen Tag und Sie mitnehmen zu einem Sonnenuntergang auf dem Mond. Der Mond bedeutet für jeden von uns etwas anderes. Ich denke, jeder von uns wird von dem, was er heute gesehen hat, seinen eigenen Eindruck mitnehmen.. Ich weiß, mein eigener Eindruck ist der einer gewaltigen, einsamen Ausdehnung von Nichts. Es sieht aus wie Wolken über Wolken von Bimsstein. Und auf jeden Fall erscheint es als Platz zum Leben oder Arbeiten nicht sehr einladend.“

Lesung aus der Schöpfungsgeschichte

An Heiligabend lesen die Astronauten Anders und Borman aus der Genesis.

„Wir nähern uns nun dem lunaren Sonnenaufgang. Und für alle Menschen unten auf der Erde hat die Besatzung der Apollo 8 eine Botschaft, die wir euch senden möchten: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe. Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser und sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war und Gott teilte das Licht von der Dunkelheit.“
„Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. Und Gott sprach: Es werde ein Gewölbe zwischen den Wassern, das da scheide zwischen den Wassern. Da machte Gott das Gewölbe und schied das Wasser unter dem Gewölbe von dem Wasser über dem Gewölbe. Und es geschah so. Und Gott nannte das Gewölbe Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag.“
„Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Stellen. Lass trockenes Land erscheinen. Und so geschah es. Und Gott nannte das trockene Land Erde und die Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Und von der Besatzung der Apollo 8: wir schließen mit einem Gute Nacht, Viel Glück, Fröhliche Weihnachten und Gott segne euch alle – euch alle auf der guten Erde.“

Ob die Weihnachtsbotschaft etwas bewirkt hat? 500 Millionen Fernsehzuschauer in allen Erdteilen haben die Live-Bilder vom Mond verfolgt. Und das Earthrise-Foto hat unsere Wahrnehmung der Erde verändert. In Amerika erwacht die Weltraumeuphorie erneut, und die 7 Monate später folgende erfolgreiche Mondlandung lässt das Vietnam Debakel für kurze Zeit vergessen. Doch die Ernüchterung kommt schon im Herbst 1969. Wir können die Probleme der Erde nur auf dieser Erde lösen. Ein Raumfahrt-Eskapismus bleibt damals wie heute Illusion.

Apollo 8 Kiosk

Beethoven trifft Apollo2019-12-05T18:59:01+01:00
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