Beethoven trifft Apollo

Apollo 8

Der Flug von Apollo 8 hat unsere Sicht auf die Erde verändert. Das Jahr 1968 ist bis heute als ein Symbol für Veränderung geblieben. Es wird verbunden mit Studentenprotesten in den USA, England, Deutschland und besonders im Mai 1968 in Frankreich. Der Mond als Ruhepol wird 1968 erstmals aus der Nähe greifbar. Das Foto der kleinen blauen Erde im unendlich schwarzen All hat unsere Wahrnehmung des eigenen Planeten revolutioniert.

In den USA entzündeten sich die Proteste der jungen Amerikaner am Vietnamkrieg. Hunderttausende wurden 1967 und 1968 nach Vietnam geschickt. Die Bürgerrechtsbewegung in den USA verbindet mit 1968 die Ermordung von Martin Luther King im Frühjahr des Jahres. Daraufhin die Black Power Demonstration von Tommie Smith und John Carlos bei der Siegerehrung der Olympiade in Mexiko im Oktober. Am 6. Juni 1968 wird Robert Kennedy in Los Angeles ermordet. Und natürlich verbinden wir mit 1968 den Prager Frühling und dessen Unterdrückung durch sowjetische Panzer. 1968 war auch das Jahr der Menschenrechte mit dem Manifest von Andrej Sacharow. Die Pille bringt die sexuelle Revolution, eine große Befreiung im Umgang miteinander. Hippies experimentieren mit Marihuana, LSD und Hypnose.

Der Mond als Ruhepol wird 1968 erstmals aus der Nähe greifbar. Beethovens Mondscheinsonate verleiht den Bildern im Film Tiefenwirkung.

Apollo 8 - Saturnrakete

Ein Jahr der Spaltung

Ein Riß durchläuft in den Gesellschaften der westlichen Welt. Ein Riß zwischen Jung und Alt. Ein Riß zwischen Aufbruch und Beharrung. Ein Riß zwischen Freiheit und Macht. Zwischen Befreiung und Konvention. Zwischen Pop und Konsum. Zwischen Autorität und Revolte. Die Spannungen werden vertieft durch extreme Ideologien. Einem Drang zu Provokation und Polarisierung. Einer Erfahrung von Ohnmacht und Terror. Aber 1968 kamen noch andere Themen auf. Unterentwicklung und Hunger in der Welt, wie in Biafra. Die Verschmutzung der Flüsse und der Luft.

Es war ein Jahr der Spaltung und der Kämpfe, besonders in den USA, wo der Vietnamkrieg sich in eine wahnwitzige Eskalation steigert. Denn über 500.000 GIs werden in den Dschungelkrieg geschickt. Der Sinn für diesen Kampf mit einem enormen Blutzoll ist längst verloren gegangen.

Das Apollo Mondprogramm war das Vermächtnis von Präsident John F. Kennedy, der 1963 ermordet worden war. Es war ein Programm, das für das Prestige Amerikas außerordentliche Bedeutung hatte. Die Sowjetunion war den Amerikanern im Weltraum voraus. Präsentierte sich der Welt als eine erfolgreiche High-Tech Nation, um ihr sozialistisches Entwicklungsmodell vor allem für die Staaten der Dritten Welt attraktiv zu machen. Amerika wollte aufholen, das Apollo Programm muss ein Erfolg werden.

1968 amtiert Lyndon B. Johnson, der als Vizepräsident Kennedys nach dessen Ermordung Präsident geworden war. Im Herbst 1968 stehen Präsidentschaftswahlen an. Für die Demokraten bewirbt sich der Bruder von John F. Kennedy. Doch auch Robert Kennedy wird ermordet. Amerika ist politisch zerrissen.

Der Flug zum Mond

In dieser Situation startet kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember 1968 das Raumschiff Apollo 8 zum Mond. Und an Weihnachten ist es dort. Am 24. Dezember 1968 um 09:49:02 Uhr UTC (Bordzeit: 68 Stunden, 58 Minuten, zwei Sekunden) verschwindet Apollo 8 hinter dem Mond und der Funkkontakt bricht ab. 9 Minuten danach müssen automatisch die Triebwerke gezündet werden, um das Raumschiff abzubremsen in eine Umlaufbahn um den Mond. Klappt das nicht, ist die Kapsel unwiederbringlich im Weltraum verloren und die Astronauten sind dem Tod geweiht. Bange Minuten in Houston. Erst 34 Minuten nach Abbruch des Funkkontakts taucht Apollo wieder auf. Und alles hat funktioniert.

Apollo 8 live TV vom Mond

Es folgt der erste Umlauf um den Mond auf einer elliptischen Bahn und in verschiedenen Manövern richtet die Besatzung die Kapsel so aus, dass die Kameras und Fenster auf die Mondoberfläche gerichtet sind. Einige Stunden später übermittelt Apollo 8 erste Bilder zur Erde. Die Mondoberfläche, die langsam unter dem Raumschiff vorbeizog. Und das Bild der langsam über dem Mondhorizont aufgehenden Erde. Earthrise. „Oh mein Gott! Seht euch dieses Bild da an! Hier geht die Erde auf. Wow, ist das schön!“ funkt Frank Borman. Erst nach einigem Hin- und Her mit Borman und Lovell schießt Crew-Mitglied Bill Anders schließlich das historische Foto, das in seinem Aufnahmeprogramm gar nicht enthalten war. Dazu heisst es heute, dieses Bild habe die Sicht von uns Menschen auf die Erde verändert. Ich hatte als Jugendlicher 1969 ein Plakat mit diesem Foto in meinem Zimmer aufgehängt. Daneben Jimi Hendrix mit Hut und Gitarre und Bob Dylan. Ohne viel nachzudenken, was das Poster denn bedeuten möge. Vor allem, weil ich Apollo bewundert habe. Sicherlich haben manche daran gedacht, wie klein und besonders unser blauer Planet in der unendlich schwarzen Weite des Weltalls ist. Denn bald darauf kam das Bild wieder. 1972, als Titelbild auf dem Bericht des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums.

Die Filmaufnahmen

Die Bilder aus dem Jahr 1968 stammen aus einem NASA-Film, zeigen also die Wahrnehmung der damaligen Regisseure. Die O-Töne der Astronauten wurden von NASA Tonbändern digitalisiert.

„Hier ist Apollo 8 mit einer Live-Übertragung vom Mond. Wir haben die Kamera umgeschaltet. Zuerst haben wir ihnen ein Bild der Erde gezeigt, wie wir es die letzten 16 Stunden gesehen haben. Jetzt schalten wir um, so dass wir ihnen den Mond zeigen können, über den wir in einer Höhe von 60 Meilen seit 16 Stunden fliegen. William Anders, James Lovell und ich haben den heiligen Abend hier oben damit verbracht, Experimente durchzuführen, Fotos zu machen und das Raumschiff mit den Triebwerken in Position zu halten. Wir werden jetzt weiter unseren Kurs fortsetzen wie schon den ganzen Tag und Sie mitnehmen zu einem Sonnenuntergang auf dem Mond. Der Mond bedeutet für jeden von uns etwas anderes. Ich denke, jeder von uns wird von dem, was er heute gesehen hat, seinen eigenen Eindruck mitnehmen.. Ich weiß, mein eigener Eindruck ist der einer gewaltigen, einsamen Ausdehnung von Nichts. Es sieht aus wie Wolken über Wolken von Bimsstein. Und auf jeden Fall erscheint es als Platz zum Leben oder Arbeiten nicht sehr einladend.“

Lesung aus der Schöpfungsgeschichte

An Heiligabend lesen die Astronauten Anders und Borman aus der Genesis.

„Wir nähern uns nun dem lunaren Sonnenaufgang. Und für alle Menschen unten auf der Erde hat die Besatzung der Apollo 8 eine Botschaft, die wir euch senden möchten: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe. Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser und sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war und Gott teilte das Licht von der Dunkelheit.“
„Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. Und Gott sprach: Es werde ein Gewölbe zwischen den Wassern, das da scheide zwischen den Wassern. Da machte Gott das Gewölbe und schied das Wasser unter dem Gewölbe von dem Wasser über dem Gewölbe. Und es geschah so. Und Gott nannte das Gewölbe Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag.“
„Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Stellen. Lass trockenes Land erscheinen. Und so geschah es. Und Gott nannte das trockene Land Erde und die Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Und von der Besatzung der Apollo 8: wir schließen mit einem Gute Nacht, Viel Glück, Fröhliche Weihnachten und Gott segne euch alle – euch alle auf der guten Erde.“

Ob die Weihnachtsbotschaft etwas bewirkt hat? 500 Millionen Fernsehzuschauer in allen Erdteilen haben die Live-Bilder vom Mond verfolgt. Und das Earthrise-Foto hat unsere Wahrnehmung der Erde verändert. In Amerika erwacht die Weltraumeuphorie erneut, und die 7 Monate später folgende erfolgreiche Mondlandung lässt das Vietnam Debakel für kurze Zeit vergessen. Doch die Ernüchterung kommt schon im Herbst 1969. Wir können die Probleme der Erde nur auf dieser Erde lösen. Ein Raumfahrt-Eskapismus bleibt damals wie heute Illusion.

Apollo 8 Kiosk

Beethoven trifft Apollo2019-12-05T18:59:01+01:00

Jerusalem 1938

Jerusalem 1938

Filmaufnahmen aus Jerusalem, gedreht im März 1938. Die Aufnahmen zeigen die Altstadt von Jerusalem und Bilder des Neubaus der Hebräischen Universität auf dem Skopus Berg und verschiedene Aufnahmen aus der Neustadt. Ausserdem werden einige arabische Führer des Büros des Obersten Islamischen Rates (SMC), der höchsten religiösen muslimischen Behörde in Palästina, porträtiert.

Der Hintergrund der Filmaufnahmen war die Ernennung der Woodhead-Kommission durch die britische Regierung am 4. Januar 1938. Die Kommission soll die praktischen Aspekte der Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Teil untersuchen.

Die Vorgeschichte

Um das Jahr 1900 war Palästina eine abgelegene osmanische Provinz und eher dünn besiedelt. Schätzungen gehen von 400.000 Einwohnern aus, die im Gebiet inklusive dem jenseits des Jordans gelegenen heutigen Jordanien lebten. Zwischen 1882 und 1903 waren vor allem im Bereich um Haifa etwa 25.000 hauptsächlich russische und rumänische Juden eingewandert. Zwischen 1904 und 1914 kamen weitere 40.000 russische Juden nach Palästina.

Das britische Mandatsgebiet Palästina

Am Ende des Ersten Weltkriegs brach das osmanische Reich zusammen. Palästina wurde Mandatsgebiet des Völkerbunds. Auf der Konferenz von San Remo 1920 wurde Großbritannien das Mandatsgebiet zur Verwaltung übertragen. 

In der Präambel des Mandatsvertrags wird als Ziel der Verwaltung durch den Völkerbund die „Errichtung eines nationalen Hauses für das jüdische Volk in Palästina“ angegeben. Dabei sollen die Rechte der „bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina“  gewahrt werden. Laut Artikel 4 sollen die jüdische und die palästinensische Verwaltung bei der Errichtung der jüdischen Heimat zusammenarbeiten.

Die Bevölkerung von Palästina

Der Zensus von 1922 ergibt eine Bevölkerung von 757.182 Einwohnern, darunter 83.794 Juden und 590.890 Moslems. Zwischen 1919 und 1931 kommen weitere 115.000 Juden nach Palästina. 1931 wurden im Mandatsgebiet (inkl. Transjordanien) laut dem statistischen  Jahrbuch der UNO von 1948 1.035 821 Einwohner gezählt. Davon waren 174.610 Juden und 759.712 Muslime. Von ihnen lebten laut UNO etwa 280.000 Muslime im heutigen Jordanien. Das Verhältnis der Bevölkerungsgruppen im Palästina westlich des Jordans lag also bei etwa 1 zu 2. Bis 1939 kommen nochmals etwa 220.000 jüdischen Zuwanderer nach Palästina, darunter etwa 50.000 jüdische Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland. Für 1937 veranschlagt das statistische Büro der UNO 389.000 jüdische und 875.000 muslimische Einwohner. Weil sich die jüdische Bevölkerung in nur 6 Jahren mehr als verdoppelt, kamen im Palästina ohne Transjordanien nun auf 6 muslimische Araber bereits 5 Juden.

Die starke Zuwanderung führte zu großen Spannungen. Bereits 1929 kam es zu 3 Massakern an Juden mit über 100 Toten. 1936 beginnen die Araber einen Aufstand gegen die britische Mandatsmacht, der blutig niedergeschlagen wird.

Großmufti Amin el-Husseini

Mufti Amin el-Husseini. Foto: Historiathek

Hotel Fast mit Hakenkreuzfahnen in Jerusalem 1936 – Ein Hotel einer deutschen Templer-Familie. Foto: Matson Archiv Historiathek

Nazi Deutschland und der arabische Aufstand

Die deutsche Naziregierung hatte zwischen 1933 und 1937 die jüdische Auswanderung aus Deutschland nach Palästina noch für lukrative Devisendeals genutzt. Dann kommt der Schwenk. 1937 bemerkt das deutsche Auswärtige Amt: Es besteht ein deutsches Interesse daran, wenn das Arabertum als Gegengewicht gegenüber der Entstehung eines Judenstaats „ausgespielt werden könnte“. Doch der Schwenk erfolgt. Deutschland übernimmt eine Rolle als Finanzier und Förderer der Aufständischen.

Nazi-Deutschland und auch die Person Hitlers stießen bei den Muslimen auf Sympathie. Der wesentliche Grund dafür war der gemeinsame Antisemitismus, den die Deutschen noch zu schüren wußten. Der deutscher Sender Radio Zeesen verbreitete über Kurzwelle im Nahen Osten antisemitische Beiträge in arabischer Sprache. Ein Gruppe von in Palästina wohnenden einigen Tausend deutschen Kolonisten war schon 1924 gegen die Errichtung einer jüdischen Heimat. Mittlerweile in den 30er Jahren stramm nationalsozialistisch gestimmt unterstützt sie den Kampf der aufständischen Araber gegen Briten und Juden. Das Hakenkreuz wird zum Passierschein in aufständischen Gebieten.

„Die Erkenntnis, daß das Judentum in der Welt stets der unversöhnliche Gegner des Dritten Reiches sein wird, zwingt zu dem Entschluss, jede Stärkung der jüdischen Position zu verhindern.“ stellt das Auswärtige Amt 1938 in einer Denkschrift fest.

Der Jerusalemer Mufti Al Huseini flieht 1937 aus dem Mandatsgebiet, um sich der Verhaftung zu entziehen. Zunächst geht er nach Beirut und in den Irak, wo er einen pro-deutschen Aufstand organisiert. Als dieses Unternehmen scheitert, flieht er 1941 weiter nach Berlin. Dort wird er von Hitler-Deutschland als Verbündeter großzügig unterstützt und setzt seine Aktionen im Nahen Osten fort. In einer Unterredung mit Hitler äußert er, dass die Araber sich vom Sieg Deutschlands die Einheit Palästinas und die „Beseitigung der national-jüdischen Heimat“ versprechen.

Lord Peel und Sir Horace Rumbold, Vorsitzende der Königlichen Palästina-Kommission. Foto: Historiathek

Peel Commission Palestine Map

Der Hintergrund der Filmaufnahmen

Zurück zu 1938: Die britische Regierung versuchte mit dem Teilungsplan der Peel-Kommission eine Neuordnung des Gebiets zwischen den verfeindeten Parteien zu erreichen. Im auf der Karte rot umrandeten Gebiet sollte ein jüdischer Staat gegründet werden.

Das übrige, weit größere Gebiet sollten ein arabischer Staat werden und ein Streifen zwischen Tel Aviv und Jerusalem und internationaler Kontrolle bleiben. Wirklich ernsthaft geglaubt haben die Briten an diese Lösung nicht. Ihr Ziel war vor allem die Sicherung des Suezkanals in einem zukünftigen Krieg.

Die beiden wichtigsten jüdischen Führer, Chaim Weizmann und Ben-Gurion, hatten den zionistischen Kongress überzeugt, die Peel-Empfehlungen als Grundlage für weitere Verhandlungen zu billigen. Doch die Araber lehnten den Teilungsplan ab. Insbesondere der Mufti von Jerusalem Ahmed Al Husseini hielt kompromisslos an einer Rückkehr zum Status vor der jüdischen Zuwanderung fest. Anders Abdullah I von Jordanien, der den britischen Teilungsplan unterstützte.

Massaker

1938, im Jahr der Filmaufnahmen, sollte die Woodhead Kommission die bereits zuvor von der Peel Kommission erarbeiteten Vorschläge für eine Teilung des Mandatsgebiets unter Juden und Arabern präzisieren. Die Konflikte auf den Straßen eskalieren weiter. Am 2. Oktober 1938 werden 19 Juden, darunter 11 Kinder, in der Stadt Tiberias ermordet. Während des Massakers setzten 70 bewaffnete Araber jüdische Häuser und die lokale Synagoge in Brand. Am 18. Oktober übernehmen britische Truppen die Kontrolle über die Altstadt von Jerusalem, die Anfang Oktober von arabischen Aufständischen besetzt worden war.

Interessenpolitik im Weltkrieg

Allerdings versuchen die Briten am Beginn des 2. Weltkriegs die arabische Flanke zu sichern, indem sie die jüdische Einwanderung strikt begrenzen und sogar den Landkauf für weitere jüdische Siedlungen verbieten. Diese Maßnahmen widersprechen eindeutig dem Mandatsauftrag und kosten vielen Juden das Leben. Denn sie können nicht mehr nach Palästina fliehen bevor der Holocaust seinen Lauf nimmt.

Viele Juden, die aus Deutschland nach Palästina entkommen waren, leisteten nun in der britischen Armee Kriegsdienst, um gegen Nazi-Deutschland zu kämpfen.

Britische Panzerwagen in Jerusalem 1938, im Hintergrund der YMCA Tower. Foto: Matson Archiv, Historiathek

UN Palestine Partition Plan 1947

Die Entscheidung der UNO von 1947

Im Februar 1947 geben die Briten das Mandat über Palästina auf. Am 29. November 1947 wird von der UN-Generalversammlung die Resolution 181 (II) angenommen, die eine Teilung des Mandatsgebiets ähnlich den Vorkriegsplänen vorsieht. 1946 schätzt die UNO die jüdische Bevölkerung auf etwa 600.000 Menschen, die arabische auf 1,1 Millionen, davon etwa 400.000 in Transjordanien. 1948 verlassen die Briten das Mandatsgebiet. Am 15. Mai 1948 proklamieren die Juden die Gründung ihres Staates gemäß den Beschlüssen der UNO. Die arabischen Staaten greifen den jüdischen Staat sofort an. Doch dieser kann sich erfolgreich verteidigen. Unterstützt mit Waffen und Diplomatie von der Sowjetunion und besonders der CSSR.

Jerusalem 19382021-01-05T11:42:03+01:00

„The Kinder“ – Der erste Kindertransport mit jüdischen Kindern erreicht England im Dezember 1938

Der erste Kindertransport erreicht Harwich am 2. Dezember 1938

Das Filmmaterial zeigt die Ankunft des ersten „Kindertransports“ von deutsch-jüdischen Kindern in Harwich am 2. Dezember 1938. Die englische Regierung hatte die Erlaubnis erteilt, dass Heranwachsende zwischen fünf und 17 Jahren einreisen durften. 200 deutsch-jüdische Kinder konnten mit diesem ersten Transport mit dem Schiff „Prague“ über Hoek van Holland nach England ausreisen.
Kindertransport Dokument

Die „Times“ schreibt am Tag nach der Ankunft über die Kinder:

„Etwa die Hälfte von ihnen kommt aus einem Waisenhaus in Berlin, das niedergebrannt wurde, die anderen stammen aus der Gegend von Hamburg. Die meisten Kinder erhielten erst 24 Stunden vor der Abfahrt Nachricht und durften nur eine Reichsmark und zwei Taschen mitbringen.“

Das Filmmaterial wurde von einem Kameramann von Time gedreht. Mehr Material zu den Hintergründen hat das USHMM in der Holocaust Enzyklopädie zusammengetragen. Es zeigt die Ankunft des Schiffs und den Transport der Kinder in das Ferienheim Docvercourt. Die Kinder wurden unter großer Anteilnahme der britischen Bevölkerung und der Medien durch Betreuer in Empfang genommen und ihren Pflegefamilien zugewiesen.

In diesem Dokument wird der erste Transport vom 2. Dezember angekündigt. Als einer der Begleiter des Transports wird Dr. Max Plaut erwähnt. Plaut war Geschäftsführer des jüdischen Gemeindevereins Hamburg. Seine Arbeit ermöglichte tausenden Juden die rettende Ausreise aus Deutschland. Auch er selbst überlebte die Nazizeit und konnte während des Krieges nach Palästina ausreisen.

Weitere Dokumente zu den Kindertransporten haben die Britischen National Archives veröffentlicht. Während der 9 Monate, die das Programm bis Kriegsbeginn 1939 laufen konnte, wurde etwa 10.000 jüdischen Kindern die Einreise nach Großbritannien ermöglicht. Mit einem der Transporte wurden auch die Kinder der Leonore Goldschmidt Schule in Berlin gerettet.

Eine umfassende Darstellung der Geschichte der Kindertransporte findet sich im Heft 2, 2010 des Budrich Journals.

Das Filmmaterial haben wir auf HD gescannt und können es für die Nutzung in TV und anderen Medien lizenzieren.

Beitrag: Stephan Bleek

Am 1. Februar 2023 wurde an der Pier in Harwich, die im Filmmaterial zu sehen ist, ein Denkmal enthüllt. Nach der Enthüllung des Kindertransportdenkmals in Harwich fand dort zum ersten Mal ein besonderer Holocaust-Gedenkgottesdienst statt. Foto und Artikel von James Dawn, Essex Standard.

„The Kinder“ – Der erste Kindertransport mit jüdischen Kindern erreicht England im Dezember 19382023-02-15T19:26:48+01:00

Terror in Palästina, Frühjahr 1947

Attentate in Palästina 1947

Die politische Entwicklung von 1947 in Palästina ist von einer Spirale von Gewalt und Repressalien geprägt. EinFilm aus der Wochenschau Universal News vom März 1947 zeigt die Abreise von Juden nach Europa, die Ankunft des Schiffs Chaim Arlosoroff (original name Ulua) in Haifa sowie die Bombenattentate auf die Barclays Bank in Haifa (28.2.1947) und den den Goldsmith officers club in Jerusalem (1.3.1947). Und schließlich Razzien des britischen Militärs mit der Verhaftung von verdächtigen Juden.

Die Nachrichtenagentur UPI berichte am 28. Februar:

„JERUSALEM, 28. Februar 1947 (UP) Eine Reihe von heftigen Explosionen erschütterte heute das Hafengebiet von Haifa, nachdem ein Flüchtlingsschiff mit 1.350 nicht zertifizierten Einwanderern vor der nahe gelegenen palästinensischen Küste gelandet war. Zwei Juden wurden getötet und ein britischer Soldat sowie ein Mann der Transjordanischen Grenztruppe schwer verwundet, als Sprengstoffe die Sicherheitszonen von Barclay’s Bank im Herzen des Hafengebiets von Haifa zerstörten. Eine Serie von drei Bomben oder Landminen explodierte zur erwarteten Ankunft des Flüchtlingsschiffes Haim Arlosorov im Hafen von Haifa.“

Am 1. März 1947 kommt es in Jerusalem zu einem Bombenattentat der jüdischen Jerusalem Fighting Force auf den britischen Offiziersklub im Goldschmiede-Haus, das 18 Tote und 25 Verletzte fordert. In britischen Uniformen verkleidete jüdische Terroristen belegten den Klub mit Maschinengewehrfeuer und zündeten im Eingang des Gebädues drei Rucksäcke mit Bomben, die das Gebäude schwer beschädigten.

Das Endes des britischen Mandats

Die zunehmende Gewalt veranlasste die britische Regierung, ihr Mandat über Palästina aufzugeben und ihre Truppen ein Jahr später abzuziehen. Ab Mai 1947 wird über den Status von Palästina in der UNO verhandelt. Am 29. November 1947 wird von der UN-Generalversammlung die Resolution 181 (II) angenommen. Die Resolution enthält einen Plan zur Teilung von Palästina. 1948 geben die Briten das Mandat auf und es kommt zur Gründung des Staates Israel, auf die der Unabhängigkeitskrieg folgt.

Terror in Palästina, Frühjahr 19472019-12-05T20:59:19+01:00

Online Banking 1973

Online Banking 1973

Im Laufe des letzten halben Jahrhunderts hat das Bankwesen eine Revolution erlebt. Die Technologie hat die Art und Weise, wie wir Finanzdienstleistungen erhalten, verändert. Der Film über In-Touch Telefon-Computing wurde 1973 veröffentlicht. Es zeigt Telefonbanking als neue Möglichkeit für die „nahe Zukunft“. Ein Einblick in die Geschichte der Technik, der zeigt, wie wir Menschen Ideen entwickeln, wie wir in Zukunft anders handeln wollen und welchen Nutzen wir erwarten. In den meisten Fällen wird es anders laufen.
InTouch Telephone Banking

Am 4. Juni 1973 wurde in Seattle ein neuer Heimcomputerdienst mit Tonwahltelefonen und einem Sprachausgabesystem für die Ausgabe in Betrieb genommen. Der Service mit dem Namen In-Touch wird von einem Start-up-Unternehmen, Telephone Computing Service, einer Tochtergesellschaft der Seattle-First National Bank, angeboten. Privatkunden zahlten 6,50 Dollar für verschiedene Datenverarbeitungsdienstleistungen, darunter die automatische Bezahlung von Rechnungen per Telefon, die Vorbereitung der Einkommenssteuer und den Betrieb als Vierfachcomputer. Für die monatliche Gebühr erhielten die Abonnenten 100 Minuten Nutzung und zahlten vier Cent pro Minute. Das System verwendete alle zwölf Tasten des Tonwahltelefons. Vorlagen auf den Schaltflächen weisen die Teilnehmer an, das System zu nutzen. Jeder Benutzer hatte einen persönlichen Telefon-Computer-Anschluss. Es gab sechs Hauptdienste: Geldüberweisung für die Rechnungsstellung, Familienbudgetierung (telefonische Datenerfassung und wöchentlicher Versand), Lohnsteuerabwicklung, Kalendererinnerungsservice, Haushaltserfassung und Taschenrechner.

First Mover Schicksal

Nach vier Monaten Erfahrung mit diesem Dienst behauptete Seattle-First National, dass die Antwort „fantastisch“ gewesen sei und dass seit der Einführung des Dienstes im Juni 1973 „mehrere hundert“ Abonnenten registriert worden seien. Aber nur 2 Monate später kündigte der Präsident von Telephon-Computing-Service an, dass das Unternehmen Ende des Jahres 1973 in den Ruhestand gehen würde. Es wurde festgestellt, dass ein großes Hindernis die Anforderung war, dass die Kunden über Touch-Tones verfügen müssen. Während die Unternehmensführer der Meinung waren, dass die Verfahren zur Bedienung des Computers über das Tonwahltelefon einfach seien, waren sie für viele Menschen zu kompliziert. „Wir waren unserer Zeit voraus“.

15 Jahre der Zeit voraus

„Trotz des Scheiterns dieses Projekts ist In-Touch ein Beispiel für eine Art von Service, der über ein Zweiwegekabel modifiziert, vereinfacht und angeboten werden kann“, sagt ein Kommentator der Michigan University 1976. Er erklärt, dass ein Ausweg die Erfindung eines Zweiwege-Kabelfernsehsystems sein könnte. „Ein CATV-System wird sowohl Pay-TV als auch andere Dienste anbieten können, die zusammen mit einem Heimcomputerdienst ein Paket bilden können, das einen ausreichend hohen Prozentsatz an Kabelkunden adressiert, um das Anbieterunternehmen profitabel zu machen.“

Es brauchte weitere 15 Jahre, bis ähnliche Homebanking-Dienstleistungen in den 1980er und frühen 1990er Jahren ein starkes Wachstum erfuhren. Das Online-Banking begann jedoch erst Ende der 90er Jahre, sich zu einem weit verbreiteten Service zu entwickeln.

Der Film über In-Touch-Telefon-Computer wurde 1973 veröffentlicht. Es zeigt Telefonbanking als neue Möglichkeit für die „nahe Zukunft“. Footage einer HD Kopie gibt es bei zb Media.

Online Banking 19732019-12-05T16:06:09+01:00

Eine jüdische Schule 1937 in Berlin

Filmaufnahmen von der Leonore Goldschmidt Schule in Berlin

Die Dr. Leonore Goldschmidt Schule in Berlin wurde 1935 als jüdische Privatschule in Berlin gegründet, um jüdischen Kindern einen Schulbesuch ohne Repressalien zu ermöglichen. Jüdische Schulkinder wurden seit 1933 in Nazi-Deutschland systematisch drangsaliert und schließlich Ende 1938 ganz vom Schulbesuch ausgeschlossen. Die Goldschmidtschule bot hunderten Kindern Schutz und eine gute Ausbildung. 1939 konnten die meisten Kinder aus Deutschland emigrieren.
Leonore Goldschmidt Registrierungskarte

Die Schule

Dr. Leonore Goldschmidt, geborene Tacke, war eine promovierte Historikerin und Anglistin. 1923 heiratet sie den Rechtsanwalt und Notar Ernst Goldschmidt. Sie arbeitet in Berlin als Lehrerin. 1933 wird sie von der Nazibehörde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil sie mit einem Juden verheiratet ist.
1935 gründet Frau Goldschmidt die Privatschule für jüdische Kinder in Berlin-Grunewald in der Kronberger Straße 24. Dort werden im Sommer 1937 über 500 jüdische Kinder von 40 Lehrern unterrichtet.
Frau Goldschmidt erreicht über die Anstellung eines britischen Lehrers den Status einer zweisprachigen Schule, deren Abschlüsse von der Uni Cambridge anerkannt werden. So können die Kinder auf die absehbare Emigration vorbereitet werden. Anfang 1938 erhält die Schule die Erlaubnis, Abiturprüfungen durchzuführen. Doch die Ereignisse in Wien im März 1938 offenbaren das brutale Vorgehen des Nazi-Staates gegen Juden. Die Goldschmidts bereiten sich und ihre Schule auf die Emigration vor. Im Sommer 1938 reisen sie in die USA, um eine Aufnahme der Schule dort zu verhandeln. Nach ihrer Rückkehr wird dieses Projekt jedoch von den Berliner Behörden untersagt. Schließlich übertragen sie das Eigentum an der Schule an den englischen Lehrer. Dadurch wird die Schule als ausländische Einrichtung geführt. Die Folge: beim Novemberpogrom 1938 wird die Schule nicht angetastet. Das rettet den Kindern das Leben. Sie können im Winter und im Frühjahr 1939 mit den Kindertransporten nach England emigrieren. Ernst Goldschmidt verlässt Deutschland bereits am 10. November 1938. Dr. Leonore Goldschmidt verlässt Deutschland endgültig am 20. Juli 1939. Ihre Schule wird in Folkestone wiedereröffnet. Einige Lehrer der Schule waren am 9. November verhaftet worden, kommen jedoch Anfang Dezember wieder frei. Nicht alle Lehrer und Kinder können Deutschland 1939 verlassen. Auch vielen Eltern der Goldschmidtschüler war die Rettung nicht vergönnt und sie starben in der Todesmaschinerie des Holocaust. Eine ausführliche Schilderung der Geschichte der Goldschmidtschule hat die Tochter von Leonore Goldschmidt verfasst.

Visa Julien Bryan

Die Filmaufnahmen

Die Filmaufnahmen des amerikanischen Journalisten Julien Bryan entstanden vermutlich im Sommer 1937 oder im Jahr darauf. Seine Aufnahmen der Goldschmidtschule wurden nie veröffentlicht.

Vor einigen Jahren habe ich sie in der Library of Congress gesichtet und eine Scanerlaubnis erhalten. Die HD Scans habe wir technisch bearbeiten und verbessern lassen, ohne die originalen Filmaufnahmen zu stark zu verändern. Die genaue Datierung der Aufnahmen ist nicht belegt. Auf Seite 12 des Passes ist eine Geldabhebung in Heidelberg im September 1937 vermerkt.

Thea Wolffsohn, eine ehemalige Schülerin der Goldschmidtschule hat die Aufnahmen gesehen und glaubt, sich auf einer Aufnahme im Klassenraum zu erkennen. Sie hat die Schule allerdings 1938 besucht. Dann wären diese Aufnahmen möglicherweise nach der Rückkehr der Goldschmidts aus den USA im Sommer 1938 entstanden.

Passport Julien Bryan

Eine jüdische Schule 1937 in Berlin2019-12-05T15:52:33+01:00
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