Jerusalem 1938
Jerusalem 1938
Filmaufnahmen aus Jerusalem, gedreht im März 1938. Die Aufnahmen zeigen die Altstadt von Jerusalem und Bilder des Neubaus der Hebräischen Universität auf dem Skopus Berg und verschiedene Aufnahmen aus der Neustadt. Ausserdem werden einige arabische Führer des Büros des Obersten Islamischen Rates (SMC), der höchsten religiösen muslimischen Behörde in Palästina, porträtiert.
Der Hintergrund der Filmaufnahmen war die Ernennung der Woodhead-Kommission durch die britische Regierung am 4. Januar 1938. Die Kommission soll die praktischen Aspekte der Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Teil untersuchen.
Die Vorgeschichte
Um das Jahr 1900 war Palästina eine abgelegene osmanische Provinz und eher dünn besiedelt. Schätzungen gehen von 400.000 Einwohnern aus, die im Gebiet inklusive dem jenseits des Jordans gelegenen heutigen Jordanien lebten. Zwischen 1882 und 1903 waren vor allem im Bereich um Haifa etwa 25.000 hauptsächlich russische und rumänische Juden eingewandert. Zwischen 1904 und 1914 kamen weitere 40.000 russische Juden nach Palästina.
Das britische Mandatsgebiet Palästina
Am Ende des Ersten Weltkriegs brach das osmanische Reich zusammen. Palästina wurde Mandatsgebiet des Völkerbunds. Auf der Konferenz von San Remo 1920 wurde Großbritannien das Mandatsgebiet zur Verwaltung übertragen.
In der Präambel des Mandatsvertrags wird als Ziel der Verwaltung durch den Völkerbund die „Errichtung eines nationalen Hauses für das jüdische Volk in Palästina“ angegeben. Dabei sollen die Rechte der „bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina“ gewahrt werden. Laut Artikel 4 sollen die jüdische und die palästinensische Verwaltung bei der Errichtung der jüdischen Heimat zusammenarbeiten.
Die Bevölkerung von Palästina
Der Zensus von 1922 ergibt eine Bevölkerung von 757.182 Einwohnern, darunter 83.794 Juden und 590.890 Moslems. Zwischen 1919 und 1931 kommen weitere 115.000 Juden nach Palästina. 1931 wurden im Mandatsgebiet (inkl. Transjordanien) laut dem statistischen Jahrbuch der UNO von 1948 1.035 821 Einwohner gezählt. Davon waren 174.610 Juden und 759.712 Muslime. Von ihnen lebten laut UNO etwa 280.000 Muslime im heutigen Jordanien. Das Verhältnis der Bevölkerungsgruppen im Palästina westlich des Jordans lag also bei etwa 1 zu 2. Bis 1939 kommen nochmals etwa 220.000 jüdischen Zuwanderer nach Palästina, darunter etwa 50.000 jüdische Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland. Für 1937 veranschlagt das statistische Büro der UNO 389.000 jüdische und 875.000 muslimische Einwohner. Weil sich die jüdische Bevölkerung in nur 6 Jahren mehr als verdoppelt, kamen im Palästina ohne Transjordanien nun auf 6 muslimische Araber bereits 5 Juden.
Die starke Zuwanderung führte zu großen Spannungen. Bereits 1929 kam es zu 3 Massakern an Juden mit über 100 Toten. 1936 beginnen die Araber einen Aufstand gegen die britische Mandatsmacht, der blutig niedergeschlagen wird.
Mufti Amin el-Husseini. Foto: Historiathek
Hotel Fast mit Hakenkreuzfahnen in Jerusalem 1936 – Ein Hotel einer deutschen Templer-Familie. Foto: Matson Archiv Historiathek
Nazi Deutschland und der arabische Aufstand
Die deutsche Naziregierung hatte zwischen 1933 und 1937 die jüdische Auswanderung aus Deutschland nach Palästina noch für lukrative Devisendeals genutzt. Dann kommt der Schwenk. 1937 bemerkt das deutsche Auswärtige Amt: Es besteht ein deutsches Interesse daran, wenn das Arabertum als Gegengewicht gegenüber der Entstehung eines Judenstaats „ausgespielt werden könnte“. Doch der Schwenk erfolgt. Deutschland übernimmt eine Rolle als Finanzier und Förderer der Aufständischen.
Nazi-Deutschland und auch die Person Hitlers stießen bei den Muslimen auf Sympathie. Der wesentliche Grund dafür war der gemeinsame Antisemitismus, den die Deutschen noch zu schüren wußten. Der deutscher Sender Radio Zeesen verbreitete über Kurzwelle im Nahen Osten antisemitische Beiträge in arabischer Sprache. Ein Gruppe von in Palästina wohnenden einigen Tausend deutschen Kolonisten war schon 1924 gegen die Errichtung einer jüdischen Heimat. Mittlerweile in den 30er Jahren stramm nationalsozialistisch gestimmt unterstützt sie den Kampf der aufständischen Araber gegen Briten und Juden. Das Hakenkreuz wird zum Passierschein in aufständischen Gebieten.
„Die Erkenntnis, daß das Judentum in der Welt stets der unversöhnliche Gegner des Dritten Reiches sein wird, zwingt zu dem Entschluss, jede Stärkung der jüdischen Position zu verhindern.“ stellt das Auswärtige Amt 1938 in einer Denkschrift fest.
Der Jerusalemer Mufti Al Huseini flieht 1937 aus dem Mandatsgebiet, um sich der Verhaftung zu entziehen. Zunächst geht er nach Beirut und in den Irak, wo er einen pro-deutschen Aufstand organisiert. Als dieses Unternehmen scheitert, flieht er 1941 weiter nach Berlin. Dort wird er von Hitler-Deutschland als Verbündeter großzügig unterstützt und setzt seine Aktionen im Nahen Osten fort. In einer Unterredung mit Hitler äußert er, dass die Araber sich vom Sieg Deutschlands die Einheit Palästinas und die „Beseitigung der national-jüdischen Heimat“ versprechen.
Lord Peel und Sir Horace Rumbold, Vorsitzende der Königlichen Palästina-Kommission. Foto: Historiathek
Der Hintergrund der Filmaufnahmen
Zurück zu 1938: Die britische Regierung versuchte mit dem Teilungsplan der Peel-Kommission eine Neuordnung des Gebiets zwischen den verfeindeten Parteien zu erreichen. Im auf der Karte rot umrandeten Gebiet sollte ein jüdischer Staat gegründet werden.
Das übrige, weit größere Gebiet sollten ein arabischer Staat werden und ein Streifen zwischen Tel Aviv und Jerusalem und internationaler Kontrolle bleiben. Wirklich ernsthaft geglaubt haben die Briten an diese Lösung nicht. Ihr Ziel war vor allem die Sicherung des Suezkanals in einem zukünftigen Krieg.
Die beiden wichtigsten jüdischen Führer, Chaim Weizmann und Ben-Gurion, hatten den zionistischen Kongress überzeugt, die Peel-Empfehlungen als Grundlage für weitere Verhandlungen zu billigen. Doch die Araber lehnten den Teilungsplan ab. Insbesondere der Mufti von Jerusalem Ahmed Al Husseini hielt kompromisslos an einer Rückkehr zum Status vor der jüdischen Zuwanderung fest. Anders Abdullah I von Jordanien, der den britischen Teilungsplan unterstützte.
Massaker
1938, im Jahr der Filmaufnahmen, sollte die Woodhead Kommission die bereits zuvor von der Peel Kommission erarbeiteten Vorschläge für eine Teilung des Mandatsgebiets unter Juden und Arabern präzisieren. Die Konflikte auf den Straßen eskalieren weiter. Am 2. Oktober 1938 werden 19 Juden, darunter 11 Kinder, in der Stadt Tiberias ermordet. Während des Massakers setzten 70 bewaffnete Araber jüdische Häuser und die lokale Synagoge in Brand. Am 18. Oktober übernehmen britische Truppen die Kontrolle über die Altstadt von Jerusalem, die Anfang Oktober von arabischen Aufständischen besetzt worden war.
Interessenpolitik im Weltkrieg
Allerdings versuchen die Briten am Beginn des 2. Weltkriegs die arabische Flanke zu sichern, indem sie die jüdische Einwanderung strikt begrenzen und sogar den Landkauf für weitere jüdische Siedlungen verbieten. Diese Maßnahmen widersprechen eindeutig dem Mandatsauftrag und kosten vielen Juden das Leben. Denn sie können nicht mehr nach Palästina fliehen bevor der Holocaust seinen Lauf nimmt.
Viele Juden, die aus Deutschland nach Palästina entkommen waren, leisteten nun in der britischen Armee Kriegsdienst, um gegen Nazi-Deutschland zu kämpfen.
Britische Panzerwagen in Jerusalem 1938, im Hintergrund der YMCA Tower. Foto: Matson Archiv, Historiathek
Die Entscheidung der UNO von 1947
Im Februar 1947 geben die Briten das Mandat über Palästina auf. Am 29. November 1947 wird von der UN-Generalversammlung die Resolution 181 (II) angenommen, die eine Teilung des Mandatsgebiets ähnlich den Vorkriegsplänen vorsieht. 1946 schätzt die UNO die jüdische Bevölkerung auf etwa 600.000 Menschen, die arabische auf 1,1 Millionen, davon etwa 400.000 in Transjordanien. 1948 verlassen die Briten das Mandatsgebiet. Am 15. Mai 1948 proklamieren die Juden die Gründung ihres Staates gemäß den Beschlüssen der UNO. Die arabischen Staaten greifen den jüdischen Staat sofort an. Doch dieser kann sich erfolgreich verteidigen. Unterstützt mit Waffen und Diplomatie von der Sowjetunion und besonders der CSSR.