Zwei am Steuer
Zwei am Steuer
Auto mit 2 Steuerrädern 1935.
Eine kuriose Idee eines amerikanischen Fahrschullehrers in Cleveland / Ohio von 1935. Ein Auto mit 2 Lenkrädern „um weibliche Fahrer zu unterrichten“. Ein Lenkrad für die Frau, aber das Steuer fest in männlicher Hand? Ein Vorläufer des autonomen Fahrens? Ohne Schmerzen und ohne Belastungen, wie der Wochenschausprecher meint. Was aber, lieber Herr der Lage, wenn sie nach links und er nach rechts lenken will? Die Frage, welches Steuerrad die Masterrolle spielt, ist nicht klar ersichtlich. Ob wenigstens am 8. März die Frau ihren Weg fahren durfte?
Die Fahrkunst
Übrigens gab es solche Fahrschulwagen mit zwei Lenkrädern eine Zeitlang tatsächlich. Ford hat auch noch in den 40er Jahren solche Konstruktionen an Fahrschulen geliefert. Und die Skepsis gegenüber unseren menschlichen Fahrkünsten begleitet die Automobilgeschichte von Anbeginn an: „Es wird weltweit nie mehr als eine Million Autos geben, schon weil dafür die Chauffeure fehlen“, glaubte der Erfinder des Automobils, Gottlieb Daimler. Heute entwickeln wir mit großem Aufwand Assistenzsysteme und autonomes Fahren steht ganz oben auf der Wunschliste für die Zukunft. Eine tolle Zukunft dank Computer wird uns vorgeschwärmt. Das moderne Auto mit zwei Lenkrädern.
Unsere Autonomie…
Aber hat nicht das Fahren-können viel mit Selbstbestimmung und persönlicher Freiheit zu tun und hat das Fahren nicht ein neues, aktives Lebensgefühl begründet? Für die Frau von 1935 war der Führerschein ein Akt der Emanzipation. Fahrtechnik beherrschen, das eigene Leben bereichern. Noch gibt es diesen Stolz auf die Fahrkunst. Und vielleicht setzt sich der Wunsch des Menschen nach Selbstbestimmung am Ende doch gegen das Milliardengeschäft „autonomes Fahren“ durch. Denn um wessen Autonomie geht es uns eigentlich? Eigentlich muss es richtig „automatisches Fahren“ heißen. Wir Menschen sollen ja offenbar hier, wie in vielen anderen Bereichen, vom Computer in die Rolle des bloß passiven Konsumenten, Zuschauers oder Fahrgasts gedrängt werden. So wie 1935 der Frau als Schülerin offenbar wenig Zutrauen von ihrem männlichen Lehrer entgegengebracht wurde. Nur ging es damals um Fahrschule, in Zukunft wird es darum gehen, ob wir überhaupt noch selber fahren dürfen.
… in Gefahr
Vorsicht! Menschliche Fahrkönner wird es in der Welt des sogenannten „autonomen“ Fahrens nicht mehr geben. Frecherweise sollen wir nur noch herhalten, wenn der Computer nicht mehr weiter weiß und uns vor die Wand fährt. Dann soll der Mensch das Steuer wieder übernehmen. Ohne Fahrpraxis, ohne Können. Das wird wohl kaum funktionieren und dient auch vor allem dazu, das Haftungsrisiko für Programmier und Hersteller zu verkleinern. Unsere Autonomie bestimmt sich wesentlich dadurch, mit unserem Willen die Geschicke zu lenken. Den Zustand der Selbstbestimmung also. Diese sollen wir aufgeben. Wollen wir das?