München Stunde Null – Der Einmarsch in die Stadt

Die Uhren an beiden Türmen der Münchner Frauenkirche stehen auf Stunde Null. Die „Stunde Null“ ist die Metapher für den Zustand von Deutschland am 8. Mai 1945, dem Tag der Kapitulation der Nazi-Wehrmacht und des Endes des Deutschen Reiches. Amerikanische Kriegsberichterstatter haben den Einmarsch der US Truppen in München gefilmt. Allein etwa 100 Stunden Farbfilmaufnahmen haben amerikanische Kamerateams in den ersten 6 Monaten des Jahres 1945 in Deutschland gedreht. Unter anderem in der Münchner Innenstadt.
Amerikanische Soldaten am 30. April 1945 mit dem Ortsschild Hauptstadt der Bewegung München.
Munich Falls to 7th. Stars and Stripes 1945 05 01

Einmarsch amerikanischer Truppen

Stunde Null in München. Am 30 April erreichen Truppen der Rainbow Division der amerikanischen 7. Armee München. Kameramänner des Signal Corps der US Armee filmen einige Szenen vom Vordringen in die Stadt. Die Einnahme von München durch die 7. amerikanische Armee erfolgt ohne schwere Kämpfe. Auch die Übergabe der Stadt wurde gefilmt.

Die Filmszenen zeigen auch den zum Teil freundlichen Empfang der Amerikanischen Soldaten. Diese Freude wird auch von amerikanischen Offizieren wie Ernest Langendorf bestätigt, der als Erster zum Marienplatz vordrang. Waren es die vielen dienstverpflichteten Fremdarbeiter oder die Münchner Einwohner, die das Ende der Bombennächte mit Erleichterung aufnehmen, die auf den Filmbildern zu sehen sind?

Der amerikanische Presse-Offizier Ernest Langendorf berichtet von der Einnahme Münchens:

„Den Empfang, der uns durch die großen Massen bereitet wurde, die sich schon wenige Minuten nach unserer Ankunft um unseren Jeep versammelt hatten, kann man fast als enthusiastisch bezeichnen (…) Ich habe den Eindruck, dass diese Freude nicht gekünstelt war, denn unser Auftauchen im Herzen der Stadt bedeutete für die Menschen das Ende der Bombennächte, der Alarme und des tatsächlichen Kampfes.“

 

Münchner Bürger jubeln vorbeifahrenden amerikanischen Panzern zu, München 30. April 1945, close

Jubelnde Münchner

Einige Szenen im Filmmaterial zeigen die Stimmung der Schaulustigen an den Straßenrändern. Die Erleichterung über das Ende des Schreckens, das Ernest Langendorf schildert ist tatsächlich zu sehen. Andere Szenen, wie die einer Gruppe am Stachus, die weiße Taschentücher schwenkt, während amerikanische Panzer vorbeirollen, wirkt inszeniert. Jedenfalls sind diese Aufnahmen nach Einnahme der Stadt entstanden. Die Szenen aus der Dachauerstraße zeigen dagegen tatsächlich das Vorrücken der ersten amerikanischen Einheiten noch vor Übergabe der Stadt.

Klaus Mann in München

Als die Aufnahmen im Mai 1945 in München gedreht wurden, hielt sich auch der Sohn von Thomas Mann Klaus in der Stadt auf. Er war am 9. Mai als Kriegsberichterstatter von Italien aus nach München gekommen. Klaus Mann arbeitete für „Stars and Stripes“ die US-Soldatenzeitung.

Klaus Mann berichtet in einem Brief an seinen Vater vom 19. Mai 1945 über seine Eindrücke. Wie bereits in dem Artikel über die Begegnung von Klaus Mann mit Richard Strauss in Garmisch-Partenkirchen am 1. Mai beschrieben, zeigen auch die Farbfilmaufnahmen die das Special Film Project von William Wyler in München gedreht hat die meisten Motive, die Klaus Mann in seinem Brief erwähnt.

Neue Fotos von der zerstörten Stadt München

Die folgende Fotogalerie zeigt viele der Plätze, von denen Klaus Mann berichtet. Die Zerstörung der Münchner Innenstadt war katastrophal. Etwa 90 Prozent aller Gebäude im Stadtzentrum waren zerstört oder hatten schwere Bombenschäden. Etwa 73 Luftangriffe hatten über 6000 Bürgern das Leben gekostet. Stunde Null in München – heute erscheint es kaum vorstellbar, dass nach dieser Zerstörung die Stadt wieder erstehen konnte. Die Fotos von Anfang Mai 1945 wurden aus amerikanischem Archivmaterial digital neu bearbeitet und werden hier zum ersten Mal gezeigt.

Klaus Mann an Thomas Mann, 19. Mai 1945: „(…) I arrived here about a week ago, after a delightful trip over the Brenner Pass and short visits to Innsbruck, Salzburg and Berchtesgaden. (…) I have intended to come in contact with some other friends, but it is practically impossible to locate anybody. The destruction is beyond description. While the suburbs (Bogenhausen, etc) have been only half destroyed, the whole center and Schwabing are absolutely shattered. There is literally not one building left intact – except, curiously, the new block of government offices in the Arcisstrasse, replacing the old Arcissi. But the Brown House too is into pieces, as is everything else – the Hauptbahnhof, the Stachus, the opera House, the Post Office, Zechbauer, Jaffé, the Regina Palast Hotel, the Four Seasons, the Bayerische Hof, the Siegestor, the University, the Residence, the Hofgarten, in short the entire city.”